Als
die CD vor 10 Jahren auf den Markt kam, hatte sicherlich
selten jemand daran gedacht, den CD-Player ähnlich aufwendig
aufzustellen wie einen Plattenspieler. Auch war es eine
grosse Ausnahme, wenn Verstärker, Phonostufen oder
Lautsprecher in irgend einer Weise mit Bedacht aufgestellt
wurden, abgesehen von dem gleichschenkeligen Dreieck, nach
dem Lautsprecher im Verhältnis zum Hörplatz ausgerichtet
wurden.
Die Situation hat sich insofern geändert, als heute von sehr
vielen Firmen Zubehör zum Aufstellen und Entkoppeln
angeboten wird. Aber das Angebot ist in den letzten Jahren
so vielfältig geworden, daß die Wahl zur Qual wird, sofern
nicht einige Kriterien bekannt sind, an denen man sich
orientieren kann. Die erste Frage lautet: „Was wollen wir
entkoppeln und was wollen wir damit erreichen"?
Als Elektronikentwickler möchte ich mich an dieser Stelle
auf elektronische Geräte beschränken. Für Lautsprecher
gelten sicherlich ähnliche Kriterien, nur sind die
Wechselbeziehungen zwischen Raum, Aufstellung und
Entkoppelung zu komplex und sollten gesondert behandelt
werden. Handelt es sich um einen CD-Player oder ein
CD-Laufwerk, so gibt es einen interessanten Bericht in „Stereoplay"
10/91. Untersucht wurde ein bekanntes amerikanisches
CD-Laufwerk auf einem:
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Ikea Tisch;
rundes, voluminöses Klangbild |
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Marmor Säule;
präzises Klangbild mit heller
Klangbalance |
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100 Kg Betonklotz;
ruhige, präzise, griffige Abbildung |
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Betonklotz mit bestimmten
Entkopplungsfüssen;
noch weniger Schärfe, sonst wie oben. |
Die
ähnlichkeiten der Ergebnisse zu einem Schallplattenlaufwerk
sind nicht zu übersehen und können durchaus als Orientierung
gelten. Allerdings kann es von Gerät zu Gerät spezifische
Unterschiede geben, und es gibt durchaus Player, denen ein
wenig Resonanz ganz gut bekommt. Zuviel Entkoppelung kann
das Klangbild auch verschlechtern.
Es ist an der Zeit, sich einmal Gedanken darüber zu machen,
was eigentlich
geschieht und warum Geräte in vielen Fällen entkoppelt
besser klingen.
Es sind in erster Linie Schallwellen und Resonanzen an
festen und beweglichen Körpern, mit denen wir es zu tun
haben. Schallwellen von einer Schallquelle sind Schwankungen
des Luftdrucks. Die Schallquelle bringt in ihrer
unmittelbaren Umgebung die Luftteilchen zum Schwingen. Die
Zusammenstöße der Teilchen übertragen die Schwingungen auf
benachbarte Teilchen, usw. (Dickreiter: „Handbuch der
Tonstudiotechnik"). Auch ist die Schallgeschwindigkeit in
festen Körpern im allgemeinen wesentlich höher als in der
Luft. Es entsteht Körperschall durch Mitschwingen von
Konstruktionsteilen. Hinzu kommen Resonanzen, also
schallverstärkende Stellen im Aufbau der Konstruktion.
Eine Vielzahl von Schallereignissen und Resonanzen wirken
auf Geräte und Elektronik ein. Eine Leiterplatte ist zum
Beispiel mit Elektrolyt-Kondensatoren bestückt, die wiederum
mit Folien und Elektrolytflüssigkeit gefüllt sind,
Transistoren, die über Steuerelektroden (Basis, Gate) den
Stromfluß, also die Elektronenbewegung steuern, mit
Widerständen, die von extrem kleinen Strömen durchflossen
werden. Zum Beispiel wird der Transistor eines
Eingangsdifferenzverstärkers im allgemeinen von einem Strom
von 200 ľA bis 2 mA (0,0002 Ampere bis 0,002 Ampere)
durchflossen. Hinzu kommen Relais, Schalter und mechanische
Kontaktstellen sowie Kabelverbindungen im Gerät und
außerhalb des Gerätes.
Um Wechselwirkungen zwischen Elektronik und
äusseren Erregungen aufzuzeigen, wurden mehrere Versuche
durchgeführt, die für den Fachmann wie auch für den
qualifizierten Laien wiederholbar und verifizierbar sind.
Der Messaufbau war wie in
Abbildung I gezeigt.
von links nach rechts:
NF-Generator -
Messobjekt - Klirrfaktor-Messgerät - Pegel-Messgerät
- Osciloscope |
Abbildung I
Untersucht
wurden:
1 Phono MC-Verstärker, 1250-fache Verstärkung / +62 dB,
1 Hochpegel-Vorverstärker, 10-fache Verstärkung / +20
dB,
1 bestückte Leiterplatte, 10-fache Verstärkung / +20 dB,
linker Kanal: diskrete Transistorschaltung, rechter
Kanal: IC (NE 5534) beschaltet.
Die
Geräte und Bauteile wurden mit zwei kleinen Gummihämmern mal
leicht und mal stark beklopft. Ein Gummi, 14 x 10 mm, am
kleinen Holzstiel, der zweite Gummi, 30 x 26 mm, mit
entsprechendem Holzstiel. Die Ergebnisse waren signifikant.
Starkes und leichtes Klopfen mit kleinem und grossem Gummi
führte immer zu einer entsprechenden Erhöhung des
Klirrfaktors. Beispielsweise ein starker Schlag auf den
Boden der Phonostufe erhöhte den Klirrfaktor des 1 KHz
Signals auf 2,5 % (K ges.), wenn er vor dem Versuch noch bei
0,01 % lag. Aber auch die Hochpegelvorstufe im Gehäuse
reagierte ganz deutlich auf starke und leichte Schläge an
Gehäuse und Bauteilen. Dabei stellte sich heraus, wo die
grössten Empfindlichkeiten herrschten. Dies waren Relais,
danach Eingangskabel, Buchsen und Schalter, gefolgt von
Kondensatoren, Leiterplatte, Transistoren, Widerstände und
IC`s. Auf der bestückten Leiterplatte konnte festgestellt
werden, daß IC`s weniger empfindlich auf äußere Einwirkungen
reagieren als komplexe Transistor-Konfigurationen.
Allerdings war es sehr schwierig wegen der Wechselwirkung
unter den einzelnen Bauteilen an dieser Stelle noch zu
differenzieren. Eine relativ starke Reaktion wurde an dem
Eingangskabel zwischen Tongenerator und Verstärker
festgestellt, eine sehr schwache Reaktion an dem
Ausgangskabel vom Verstärker zum Klirrfaktor-Messgerät. Der
Ausgangswiderstand betrug bei allen Geräten 50 Ohm und alle
Messkabel hatten eine Impendanz von 50 Ohm. Die Ergebnisse
dieser Untersuchungen lassen zur Zeit
nur einen Analogieschluss zu: Wenn Elektronik in dieser Form
auf äussere Einflüsse reagiert, müssten auch Schallwellen
einschließlich Körperresonanzen der Geräte zu Reaktionen der
Signale führen.
Es erfordert allerdings umfangreiche Versuche, wobei
Messobjekte und Messgeräte akustisch getrennt voneinander
mit Schallwellen und Impulsen "beschossen" werden müssten.
Welche
Konsequenzen müssen nun aus dem Gesagten gezogen werden ?
Zum
einen macht es Sinn, was Spezialisten und "Eingeweihte"
schon seit Jahren praktizieren, nämlich ihre Geräte,
Verstärker, Laufwerke usw. zu entkoppeln und separat
aufzustellen. Zum anderen ist es auch sinnvoll - was einige
Hersteller schon praktizieren -, die Elektronik konstruktiv
stabil und resonanzarm zu "verpacken".
Eine lose Aufzählung von Materialien sei dem Interessenten
an dieser Stelle genannt. Marmor, Beton und Holztisch wurden
eingangs schon erwähnt. Spezielle Pressholzplatten, mehrfach
verleimtes Sperrholz, Granitstein, Knochenstein, Glas.
Acryl, Aluminium, Messing, Blei, Gummi, Kork und Silicon
sowie Filz und andere Akustikdämmer. An Schwingungsdämpfern
gibt es solche mit Metallfassung oder mit Steinfassung. Auch
die Weichteile dieser Dämpfungsfüsse sind mit Silicon
beklebt oder mit flüssigem Siliconöl gefüllt und verkapselt
sowie mit speziellen Kunststoffmischungen verarbeitet.
Ausserdem gibt es die Spikes in sehr vielen Ausführungen und
Materialien. Die entscheidende Frage lautet: Was will ich
mit dem Entkoppeln erreichen ? Einen hohen Grad an
Natürlichkeit und Neutralität oder nur ein mir angenehm
erscheinendes Klangbild ?
Erstrebenswert ist immer die Anlehnung an natürliche Töne.
Eine Orientierung gibt sicherlich schon die Untersuchung mit
dem CD-Laufwerk in „Stereoplay". Mit Holztisch war das
Klangbild rund und voluminös, mit Marmor präzis mit hellem
Timbre, mit Glas wäre es sicher noch härter (Eigenversuch)
und auf Beton in Verbindung mit Dämpfungsfüssen war es sehr
natürlich. Hörvergleiche unter gleichen Bedingungen, jedoch
statt der Dämpfungsfüsse mit Spikes, hätte wieder zu ganz
anderen Ergebnissen geführt.
Im allgemeinen nimmt bei richtiger Entkoppelung die
Durchsichtigkeit und Durchhörbarkeit , die Räumlichkeit und
Basspräzision zu.
Meine Erfahrung nach sind Knochensteine (eine Art
Betonstein) in Verbindung mit Dämpfungsfüssen auf
Siliconbasis recht erfolgversprechend, sofern es sich um
Transistorgeräte handelt, bei Röhrengeräten können
Knochensteine mit Spikes besere Erfolge bringen. Aber das
ist von Gerätetyp zu Gerätetyp unterschiedlich. Es gibt
keine festen Faustregeln und es geht nicht ohne Experiment.
Eine Tatsache hat sich allerdings im Laufe der Zeit
herausgestellt. Daß Geräte im allgemeinen ihre Füsse an den
äusseren vier Ecken haben, ist in erster Linie nur
praktisch, ob es auch gut für den Klang ist, hängt vom
Aufbau und von der Konstruktion des Gehäuses ab.
Zum Schluss möchte ich von einigen speziellen Erfahrungen
berichten, die mein Freund
Frank Renner,
Kunstmaler und ambitionierter High-Ender aus dem
Bodenseeraum, mir mitgeteilt und bei verschiedenen
Hörsitzungen auch demonstriert hat. Er verwendet seit Jahren
kleine Bleiröllchen, die er sich aus 3 mm starken
Bleiplatten herstellt. Im allgemeinen haben diese Röllchen
einen Durchmesser von 12-14 mm und eine Höhe von 20-30 mm.
Zur Grundausstattung benötigt man 4 Röllchen pro Gerät, 2
Röllchen vorne rechts und links, 2 Röllchen trapezförmig
hinten im Abstand von ca. 50 mm (siehe
Abbildung II).
Bleiröllchen
Abbildung II Hifi-Verstärker
Sehr
wichtig ist, dass alle Bleiröllchen die gleiche Länge haben
und die gleiche Masse (evtl. mit dem Hammer korrigieren).
Bei Monoendstufen müssen die Bleistücke an der gleichen
Stelle unterlegt werden, das heisst, die rechte Endstufe
muss genauso entkoppelt werden wie die linke. In jedem Fall
ist die Basis jeder Aufstellung besagter Knochenstein. Ist
die trapezförmige Entkoppelung noch relativ einfach zu
praktizieren, so ist beispielsweise die trafobezogene
Aufstellung schon wesentlich komplexer. Zum einen müssen bei
der trafobezogenen Aufstellung alle Geräte der Kette so
aufgestellt werden und zum anderen ist sie sehr zeitraubend.
Es fängt damit an, dass man unter dem Schwerpunkt des Trafos
(Mitte des Trafos) in jedem Fall ein Bleiröllchen setzt und
auch dort belässt, die anderen Röllchen dazu verwendet, das
Gerät ins Gleichgewicht zu stellen und mit diesen dann auch
versucht, durch Verschieben der Röllchen ein Optimum an
Natürlichkeit und Räumlichkeit zu erreichen. Es gibt einfach
Stellen am Gerät, wo höhere Resonanzen und somit auch höhere
Energien bestehen, die es abzuleiten gilt.
Nun hat sich aber gezeigt, wenn diese Energien symmetrisch
abgeleitet werden, ist noch eine klangliche Steigerung
möglich. Es zeigt sich in der Form, daß der Raum in der
Abbildung nach oben breiter wird, eine leichte Verschiebung
der Mitte in Richtung grösser und weicher stattfindet
(symmetrisch heisst, die gleichen Röllchen, die unter dem
Gerät plaziert sind müssen in gleicher Menge und an gleicher
Stelle auch auf dem Gerät plaziert werden).
Die Versuche meines Freundes wurden nicht nur mit
Verstärkern unseres Hauses durchgeführt, sondern es wurden
auch andere Geräte der obersten Referenzklasse verwendet.
Natürlich gibt es gerätespezifische und werkstoffbezogene
Unterschiede, aber es gibt auch Erfahrungen und
Gemeinsamkeiten, die bei allen Geräten anwendbar sind. Ein
gesundes Maß an kritischer Experimentierfreude und ein gutes
Ohr für natürliche Klänge sind aber Voraussetzung für ein
gutes Gelingen.
Viel Spass bei Ihren Entkopplungsversuchen.
Siegbert
Tessendorf
Entwicklung TE Audio Systeme
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