Vorvorverstärker: TE Phono Referenz
II von Tessendorf
Die Macht über
die Gefühle
von Marco Kolks
Siegbert Tessendorf ist kein Mann
der Übertreibungen. Die oft praktizierte Marktschreierei der
Mitbewerber ist ihm völlig fremd, wenn nicht so gar zuwider.
Siegbert Tessendorf weiß genau was er tut, ganz besonders dann, wenn
es um die Entwicklung und Fertigung hochwertiger Elektronik geht.
Nicht umsonst dienen den Redaktionsmitgliedern gleich vier seiner
vorbildlichen Phonostufen seit vielen Jahren als zuverlässige und
unbestechliche Arbeitsgeräte. Anscheinend gibt es aber im High
End-Sektor nichts, was man - eine entsprechende Materialschlacht
vorausgesetzt - nicht doch nochmal toppen kann. Denn das, was lange
Zeit für Siegbert Tessendorf ausgereizt zu sein schien, trägt nun
die stolze Bezeichnung "TE Phono Referenz II".
Schon äußerlich präsentiert sich
die MC-Phonostufe in einer Qualität, die in ihrer Ausführung
ihresgleichen sucht. Die massive verchromte Frontplatte (15 mm
stark) aus Messing mit einer kleinen eingelassenen, in dezentem Blau
strahlenden Leuchtdiode, vermittelt das Gefühl allerhöchster
Wertigkeit. Auf der Rückseite befinden sich die Ein- und
Ausgangsbuchsen, und wie könnte es anders sein, kommen nur WBTs zum
Einsatz. Das im Vergleich zur alten Phono-Referenz deutlich größere
Gehäuse bietet nun ausreichend Platz für eine leichtere Handhabung
während des Verkabelns. Die eigentliche Phonoeinheit steht auf drei
Entkopplungsfüßen (Typ "Silencer"), die Future Sound zuliefert. Ich
betreibe die Referenz II am TE-Filternetzteil, das zwar mit rund
1.500 Euro zu Buche schlägt, doch wenn man schon nach den
audiophilen Sternen greift, soll man es meiner Meinung nach auch
richtig tun.
Angestachelt durch die Neugierde
kommt schnell der Zeitpunkt, an dem man darauf brennt, das Innere
der Phonostufe zu erforschen. Auch hier erlebt man eine positive
Überraschung, nach dem Motto: "Außen hui - Innen hui hui hui!" Nicht
nur die Schaltung selbst besticht, sondern jedes einzelne Bauteil -
hier wird eine extreme Selektion betrieben, womit zudem eine noch
bessere Kanalgleichheit erreicht wird - sitzt penibel an seinem
Platz, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, Platinen
wie ein logisches Mosaik zu designen. Die Hauptplatine besteht wie
schon beim Vorgänger aus Teflon. Das hat sich klanglich bestens
bewährt mit höherer Reinheit und mehr Natürlichkeit. An den
wichtigsten Stellen im Signalweg setzt Siegbert Tessendorf
Vishay-Widerstände ein. Die einzelnen Verstärkergruppen sind
mehrfach stabilisert und entkoppelt. Zwei DIL-Schalter (besser
bekannt unter dem Begriff "Mäuseklavier) und ein individuell
bestückbares Sockelelement erlauben eine feine Anpassung an den
Tonabnehmer. Die hier gebotene Vielfalt empfinde ich nicht als Last.
Im Gegenteil: Sie macht extrem flexibel bei der Auswahl. Die Liebe
zum Detail zeigt sich auch bei der Signal-Innenverkabelung. Sie
besteht aus Reinsilber mit Teflonisolierung.
Wie zu erwarten setzt der
Entwickler aus Stuttgart auf eine aufwendige Doppelmono-Technik. Die
Phonostufe ist vollkommen diskret aufgebaut, auf
Operationsverstärker wird also verzichtet. Der Ausgangswiderstand
liegt bei unkritischen 50 Ohm. Damit ist die Phono Referenz II
kompatibel zu allen gängigen Vorverstärkern. Und überall da, wo es
wirklich wichtig ist, wird gern noch eine Schüppe draufgelegt, wie
zum Beispiel im serienmäßigen Netzteil, hier fällt die Ladekapazität
mit 80000µF extrem üppig aus. Mancher mag von Überdimensionierung
sprechen, ich glaube, so ein Einsatz ist immer dann wichtig, wenn
Komponenten fürs Leben entstehen sollen. Selbstredend wird eine
solche Phonostufe nur in Kleinserie von Hand gefertigt. Siegbert
Tessendorf ist nämlich davon überzeugt, daß es keine bessere Methode
gibt, um klanglich hervorragende Geräte zu produzieren.
Kommentar
Je länger ich höre, desto häufiger
fällt mir auf: Ich setze mich einfach hin, verfalle der Musik und
träume vor mich hin. Doch was ist die Ursache für diese Lethargie?
Streßfreies Hören ermöglichen doch nur Geräte, die fähig sind, Musik
in sich so homogen wie möglich wiederzugeben. (Meistens ist es sogar
nebensächlich, auf welchem Niveau dieser Vorgang abläuft). Eben
genau jene Fähigkeit, die musikalische Reproduktion nicht in
irgendein künstliches überbetontes Teilgebiet, wie etwa eine völlig
übertriebene räumliche Staffelung, zu zerreißen, besitzt die
Phonostufe Referenz II in höchstem Maße. Sie spielt mit einer
extremen Homogenität. Diese Ausgewogenheit setzt sich konsequent aus
allen unter high-fidelen Aspekten sezierten Teilbereichen zusammen.
Große Orchester (Anton Brückner; Symphonie Nr. 4; DG 253-5111)
bewahren ihre enorme Klangfülle, ohne daß die Abbildung ihre
Detailtreue einbüßt. Der Ort des musikalischen Geschehens wird nach
meinem Geschmack richtig plaziert. Soloinstrumente, die absichtlich
vor ein Orchester postiert sind (Mozart; Clarinet Concerto - Horn
Concertos Nos 1 & 3; Decca sxl 2238) behalten ihre dominante Rolle
und rutschen nicht in die begleitende Funktion ihrer Kollegen ab.
Komplexe musikalische Strukturen werden ebenso präzise wiedergegeben
wie Soloinstrumente oder Gesangsstimmen. Die Natürlichkeit der
Referenz II zeigt sich besonders bei Platten, auf denen
Blechblasinstrumente oft zu soft klingen (Ella Fitzgerald und Louis
Armstrong; Ella und Louis; MG V-4003). Die Phonostufe zeichnet ein
ehrliches Bild der zur Verfügung stehenden Informationen, auch dann,
wenn wie in diesem Fall natürliche Aggressivität fehlt. Sie schönt
nicht, sondern verweigert sogar den zweifelhaften Blick durch die
akustische rosarote Brille. Nur so bleibt schließlich der
Spannungsbogen über der Musik erhalten. Die klare, klangfarbenstarke
und dabei sehr angenehme Wiedergabe setzt sich logischerweise in der
räumlichen Abbildung fort. In den Umgebungen der Instrumente (Sunday
Morning; Blue Note Trip; 724354-345-71) ist reichlich Luft
vorhanden. Das natürliche Echo des Aufnahmeraums ist immer da, der
Raum lebt regelrecht, hat eine eigene Atmosphäre. Das Klanggeschehen
dehnt sich breit und tief in den Raum aus, löst sich völlig von den
Lautsprechern und zeigt natürliche Körperhaftigkeit. Instrumente
erhalten dadurch eine Substanz, die sie real erscheinen läßt. Es ist
sicherlich auch die mit der Referenz II zu erzielende
Körperhaftigkeit, die enorme Dreidimensionalität in der Abbildung,
was sie so anziehend macht. Es gibt nämlich andere Phonostufen, die
eine mit der Referenz II zu erzielende, vergleichbare Breite und
Tiefe vorgaukeln können, die aber trotzdem innerhalb der
Abbildungsfläche eben und plan wirken. Bei Tschaikovskys Liturgy
(Fidelio FL 33106) dehnt sich mit der Referenz II der bulgarische
Nationalchor nicht nur breit nach links oder rechts aus, man kann
auch ausmachen, daß die Sänger in mehreren Reihen nach hinten
gestaffelt stehen. Und es wird ganz deutlich, daß es sich bei den
Sängern eben nicht nur um eine platte Fläche handelt, sondern daß zu
jeder Stimme ein Körper, eine Umgebung gehört. Gerade diese
dreidimensionale Dimension trägt in ungeheurem Maße zur
Natürlichkeit und Lebendigkeit der Wiedergabe bei. Ebenso schlägt
sich diese Phonostufe ganz hervorragend, wenn es darum geht, leise
ausklingende Töne nachzuzeichnen. Es ist das Vermögen, auch kleinste
dynamische Schattierungen herauszuarbeiten. So ist der Nachhall im
großen Kirchenschiff (Johann Sebastian Bach; Die vier großen
Toccaten; Philips 6558005) in jeder Einzelheit hörbar, das Brechen
des Schalles an den Wänden, die Weitläufigkeit der Kathedrale, alles
stimmt.
Die Referenz II erlaubt es, zu
Hause streßfreie Freude an der Musik zu erleben. Gleichwohl kann man
an ihr auch audiophile Leidenschaften austoben. Wenn es um die
Tiefbaß- und Baßfähigkeiten geht, lege ich gerne Charlie Byrd
(Crystal Clear Recors; ccs 8002) auf. Das Schlagzeug kommt mit
ungeheurem Druck, trocken und tief. Es steht unverrückbar im Raum
und ist dabei so plastisch, daß der Wunsch aufkommt, es einmal ganz
kurz anfassen zu wollen. Die tiefen Frequenzen sind klar in ihren
Konturen, klingen ganz und gar nicht aufgesetzt oder gar künstlich.
Am meisten aber beeindruckt mich die Dynamik, sie scheint keine
Grenzen zu kennen.
Ein ebenfalls harter Prüfstein ist
die Violine (Rimsky-Korsakoff; Scheherazade; Westminster wst 14003).
Nur ganz selten habe ich diese Schallplatte mit einem vergleichbaren
Vergnügen gehört. Dieser Stuttgarter Analogbolide verleiht der
Aufnahme eine beeindruckende Natürlichkeit, ein Leben, eine Frische.
Durchsichtigkeit und Durchzeichnung in der Wiedergabe sind schlicht
hervorragend. Die Musik ist dabei gekennzeichnet durch Wärme,
Feinheit und gesegnet mit einem ganz schwer zu beschreibenden
"wohligen" Charakter. Auch empfehle ich all denen, die irrigerweise
noch immer glauben, Geräte auf Basis von Transistortechnik seien im
Hochtonbereich überbrilliant, klängen hart oder gar scharf, die
Referenz II als schlagenden Gegenbeweis. Für mein Empfinden gibt's
nichts auszusetzen: Kein Zuckerguß, kein Frequenzbereich wird in den
Vordergrund gespielt. Perlig, frisch und ohne in ein ausgemergeltes
Korsett zu verfallen, fügen sich auch die Höhen harmonisch in die
tonale Gesamtstruktur ein.
Ich bin mir wegen der vielfältigen
Qualitäten der Referenz II nicht sicher, ob ich die klanglichen
Grenzen wirklich ausloten kann. Ist daher mein Bericht zu
euphorisch? Ich bin von dieser Vorstufe regelrecht begeistert.
Allerdings nehme ich für das, was ich hier geschrieben habe, meine
Subjektivität in Anspruch. Ich bin mir jedoch sicher, daß jemand,
der diese Phonostufe in einer adäquaten Kette länger hören kann,
meine Eindrücke teilen wird. Die Referenz II ist herausragend. Und
zu guter letzt stelle ich mir die Frage, was soll man von einer
Phonostufe eigentlich mehr erwarten? Diese besitzt die Macht über
die Gefühle.
Fazit: Wenn bei Tessendorf
"Referenz" draufsteht, ist auch eine "Referenz" drin!
MK
Das Produkt:
TE Phono Referenz II
Preis: 5.213 Euro
Hersteller:
TE Audio Systeme
Krehlstraße 13
70563 Stuttgart
Tel. und Fax: 0711 - 735 15 74
Internet: www.tessendorf.de
gehört mit:
Analoge Laufwerke:
Transrotor Eternita, Musica Nova Piano Forte, Transrotor Fat Bob,
Pluto 12a;
Tonarme: SME V (2x), SME 3012R, SME 312, Pluto 5a Special,
Pluto 2 A
Tonabnehmersysteme: v.d.H. Black Beauty, Transfiguration New
Spirit, The Cartridge Man, SPU-Royal, Clearaudio Victory H, Goldring
Elite II, Flair von Phonosophie;
Übertrager: Ortofon SPU T 100
CD-Spieler: Burmester 916, Phonosophie Impulse 2 Netzteil und
Power Control 3;
SACD-Spieler: XA Sony 333 ES von Clockwork
Wandler: Burmester 980, Audio Alchemy DTI Pro 3.2;
Vorverstärker: Burmester 808 MK V, Phonosophie Bi-Control 2
und Power Control 2
Phonostufe: Blue Amp Model 42, EAR 834 (3x), TE Audio Phono
(Tessendorf/MC -Teflonausführung) und Filternetzteil (2x),
integrierte Phonostufe 808 MKV Burmester, Phonsophie und Power
Control 2
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono), Phonosophie
Bi-Stage Twin 1/4;
Vollverstärker: Unison Research Simply 845 (Triode),
Symphonic Line RG 14 (Version 2003);
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Guarneri Sonus Faber,
Newtronics Gate aktiv, Bella Luna von Duevel;
Kabel (NF/LS/Netz): Acapella (Silber), Bastanis Epilog,
Dolphin Black und Gold, Sun-Wire, HMS-Gran Finale, Clockwork,
Flatline SPM-Reference, HMS Grand Finale, Stadthaus 7 und 11 Brains,
HMS-Phonokabel, Ortofon 5000er Reinsilber-Phonokabel, Phonokabel von
SAC, Phonokabel Sun-Wire (3 x), Aural Symphonics (Digital), Elon
III, Bülow, XLO-Netzkabel, Netzkabel Schäfer und Rompf, Voodoo
Netzkabel-(Prototyp), Netzkabel von Burmester und Phonosophie,
WBT-Kabelschuhe, Netzsteckerleisten: Phonosophie, XLO, Sun;
Zubehör Stromversorgung: Burmester Powerconditioner,
Netzkabeladapter von Hans-Ulrich Rahe (Prototyp);
Zubehör Basen: Copulare Tonbasen, Acapella-Musikbasen (auch
für Lautsprecher), Big Block und Speed Block von Acapella,
Acapella-Pucks, SSC-Basen, Racks von Audio Magic, Ducal-Kabelträger
von Copulare, Kabelträger von Audio Magic, Räke Pucks,
ART-Graphitpucks, Shun Mook, Shaktis, Enacoms, Pucks Millennium
Audio;
Zubehör digital: CD-Sound-Improver von Gläss, CD-mat von ART,
Audio Animator von Art Akustik;
Zubehör analog: Schablonen von Stadthaus, Clearaudio, Music
Connection, KAB-Strobe, Pluto, Wasserwagen von Clearaudio, Ortofon
und Präzisionswasserwaage, Outer Limit-Plattenring von Clearaudio,
Entmagnetisierer von Audio Physic,Ring-Mat;
Raumtuning: RFA 78 von Harmonix;
Reinigungsmittel: Audiotop (Acapella), Last, LP-Waschmaschine
Matrix von Clearaudio, CD-Waschmaschine von Gläss
Mit freundlicher
Genehmigung des HÖRERLEBNIS-Verlages |