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Hörbericht aus dem HÖRERLEBNIS Nr. 47
 

Vorvorverstärker: TE Phono Referenz II von Tessendorf

Die Macht über die Gefühle

von Marco Kolks

Siegbert Tessendorf ist kein Mann der Übertreibungen. Die oft praktizierte Marktschreierei der Mitbewerber ist ihm völlig fremd, wenn nicht so gar zuwider. Siegbert Tessendorf weiß genau was er tut, ganz besonders dann, wenn es um die Entwicklung und Fertigung hochwertiger Elektronik geht. Nicht umsonst dienen den Redaktionsmitgliedern gleich vier seiner vorbildlichen Phonostufen seit vielen Jahren als zuverlässige und unbestechliche Arbeitsgeräte. Anscheinend gibt es aber im High End-Sektor nichts, was man - eine entsprechende Materialschlacht vorausgesetzt - nicht doch nochmal toppen kann. Denn das, was lange Zeit für Siegbert Tessendorf ausgereizt zu sein schien, trägt nun die stolze Bezeichnung "TE Phono Referenz II".

Schon äußerlich präsentiert sich die MC-Phonostufe in einer Qualität, die in ihrer Ausführung ihresgleichen sucht. Die massive verchromte Frontplatte (15 mm stark) aus Messing mit einer kleinen eingelassenen, in dezentem Blau strahlenden Leuchtdiode, vermittelt das Gefühl allerhöchster Wertigkeit. Auf der Rückseite befinden sich die Ein- und Ausgangsbuchsen, und wie könnte es anders sein, kommen nur WBTs zum Einsatz. Das im Vergleich zur alten Phono-Referenz deutlich größere Gehäuse bietet nun ausreichend Platz für eine leichtere Handhabung während des Verkabelns. Die eigentliche Phonoeinheit steht auf drei Entkopplungsfüßen (Typ "Silencer"), die Future Sound zuliefert. Ich betreibe die Referenz II am TE-Filternetzteil, das zwar mit rund 1.500 Euro zu Buche schlägt, doch wenn man schon nach den audiophilen Sternen greift, soll man es meiner Meinung nach auch richtig tun.

Angestachelt durch die Neugierde kommt schnell der Zeitpunkt, an dem man darauf brennt, das Innere der Phonostufe zu erforschen. Auch hier erlebt man eine positive Überraschung, nach dem Motto: "Außen hui - Innen hui hui hui!" Nicht nur die Schaltung selbst besticht, sondern jedes einzelne Bauteil - hier wird eine extreme Selektion betrieben, womit zudem eine noch bessere Kanalgleichheit erreicht wird - sitzt penibel an seinem Platz, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, Platinen wie ein logisches Mosaik zu designen. Die Hauptplatine besteht wie schon beim Vorgänger aus Teflon. Das hat sich klanglich bestens bewährt mit höherer Reinheit und mehr Natürlichkeit. An den wichtigsten Stellen im Signalweg setzt Siegbert Tessendorf Vishay-Widerstände ein. Die einzelnen Verstärkergruppen sind mehrfach stabilisert und entkoppelt. Zwei DIL-Schalter (besser bekannt unter dem Begriff "Mäuseklavier) und ein individuell bestückbares Sockelelement erlauben eine feine Anpassung an den Tonabnehmer. Die hier gebotene Vielfalt empfinde ich nicht als Last. Im Gegenteil: Sie macht extrem flexibel bei der Auswahl. Die Liebe zum Detail zeigt sich auch bei der Signal-Innenverkabelung. Sie besteht aus Reinsilber mit Teflonisolierung.

Wie zu erwarten setzt der Entwickler aus Stuttgart auf eine aufwendige Doppelmono-Technik. Die Phonostufe ist vollkommen diskret aufgebaut, auf Operationsverstärker wird also verzichtet. Der Ausgangswiderstand liegt bei unkritischen 50 Ohm. Damit ist die Phono Referenz II kompatibel zu allen gängigen Vorverstärkern. Und überall da, wo es wirklich wichtig ist, wird gern noch eine Schüppe draufgelegt, wie zum Beispiel im serienmäßigen Netzteil, hier fällt die Ladekapazität mit 80000µF extrem üppig aus. Mancher mag von Überdimensionierung sprechen, ich glaube, so ein Einsatz ist immer dann wichtig, wenn Komponenten fürs Leben entstehen sollen. Selbstredend wird eine solche Phonostufe nur in Kleinserie von Hand gefertigt. Siegbert Tessendorf ist nämlich davon überzeugt, daß es keine bessere Methode gibt, um klanglich hervorragende Geräte zu produzieren.

Kommentar

Je länger ich höre, desto häufiger fällt mir auf: Ich setze mich einfach hin, verfalle der Musik und träume vor mich hin. Doch was ist die Ursache für diese Lethargie? Streßfreies Hören ermöglichen doch nur Geräte, die fähig sind, Musik in sich so homogen wie möglich wiederzugeben. (Meistens ist es sogar nebensächlich, auf welchem Niveau dieser Vorgang abläuft). Eben genau jene Fähigkeit, die musikalische Reproduktion nicht in irgendein künstliches überbetontes Teilgebiet, wie etwa eine völlig übertriebene räumliche Staffelung, zu zerreißen, besitzt die Phonostufe Referenz II in höchstem Maße. Sie spielt mit einer extremen Homogenität. Diese Ausgewogenheit setzt sich konsequent aus allen unter high-fidelen Aspekten sezierten Teilbereichen zusammen. Große Orchester (Anton Brückner; Symphonie Nr. 4; DG 253-5111) bewahren ihre enorme Klangfülle, ohne daß die Abbildung ihre Detailtreue einbüßt. Der Ort des musikalischen Geschehens wird nach meinem Geschmack richtig plaziert. Soloinstrumente, die absichtlich vor ein Orchester postiert sind (Mozart; Clarinet Concerto - Horn Concertos Nos 1 & 3; Decca sxl 2238) behalten ihre dominante Rolle und rutschen nicht in die begleitende Funktion ihrer Kollegen ab. Komplexe musikalische Strukturen werden ebenso präzise wiedergegeben wie Soloinstrumente oder Gesangsstimmen. Die Natürlichkeit der Referenz II zeigt sich besonders bei Platten, auf denen Blechblasinstrumente oft zu soft klingen (Ella Fitzgerald und Louis Armstrong; Ella und Louis; MG V-4003). Die Phonostufe zeichnet ein ehrliches Bild der zur Verfügung stehenden Informationen, auch dann, wenn wie in diesem Fall natürliche Aggressivität fehlt. Sie schönt nicht, sondern verweigert sogar den zweifelhaften Blick durch die akustische rosarote Brille. Nur so bleibt schließlich der Spannungsbogen über der Musik erhalten. Die klare, klangfarbenstarke und dabei sehr angenehme Wiedergabe setzt sich logischerweise in der räumlichen Abbildung fort. In den Umgebungen der Instrumente (Sunday Morning; Blue Note Trip; 724354-345-71) ist reichlich Luft vorhanden. Das natürliche Echo des Aufnahmeraums ist immer da, der Raum lebt regelrecht, hat eine eigene Atmosphäre. Das Klanggeschehen dehnt sich breit und tief in den Raum aus, löst sich völlig von den Lautsprechern und zeigt natürliche Körperhaftigkeit. Instrumente erhalten dadurch eine Substanz, die sie real erscheinen läßt. Es ist sicherlich auch die mit der Referenz II zu erzielende Körperhaftigkeit, die enorme Dreidimensionalität in der Abbildung, was sie so anziehend macht. Es gibt nämlich andere Phonostufen, die eine mit der Referenz II zu erzielende, vergleichbare Breite und Tiefe vorgaukeln können, die aber trotzdem innerhalb der Abbildungsfläche eben und plan wirken. Bei Tschaikovskys Liturgy (Fidelio FL 33106) dehnt sich mit der Referenz II der bulgarische Nationalchor nicht nur breit nach links oder rechts aus, man kann auch ausmachen, daß die Sänger in mehreren Reihen nach hinten gestaffelt stehen. Und es wird ganz deutlich, daß es sich bei den Sängern eben nicht nur um eine platte Fläche handelt, sondern daß zu jeder Stimme ein Körper, eine Umgebung gehört. Gerade diese dreidimensionale Dimension trägt in ungeheurem Maße zur Natürlichkeit und Lebendigkeit der Wiedergabe bei. Ebenso schlägt sich diese Phonostufe ganz hervorragend, wenn es darum geht, leise ausklingende Töne nachzuzeichnen. Es ist das Vermögen, auch kleinste dynamische Schattierungen herauszuarbeiten. So ist der Nachhall im großen Kirchenschiff (Johann Sebastian Bach; Die vier großen Toccaten; Philips 6558005) in jeder Einzelheit hörbar, das Brechen des Schalles an den Wänden, die Weitläufigkeit der Kathedrale, alles stimmt.

      

Die Referenz II erlaubt es, zu Hause streßfreie Freude an der Musik zu erleben. Gleichwohl kann man an ihr auch audiophile Leidenschaften austoben. Wenn es um die Tiefbaß- und Baßfähigkeiten geht, lege ich gerne Charlie Byrd (Crystal Clear Recors; ccs 8002) auf. Das Schlagzeug kommt mit ungeheurem Druck, trocken und tief. Es steht unverrückbar im Raum und ist dabei so plastisch, daß der Wunsch aufkommt, es einmal ganz kurz anfassen zu wollen. Die tiefen Frequenzen sind klar in ihren Konturen, klingen ganz und gar nicht aufgesetzt oder gar künstlich. Am meisten aber beeindruckt mich die Dynamik, sie scheint keine Grenzen zu kennen.

Ein ebenfalls harter Prüfstein ist die Violine (Rimsky-Korsakoff; Scheherazade; Westminster wst 14003). Nur ganz selten habe ich diese Schallplatte mit einem vergleichbaren Vergnügen gehört. Dieser Stuttgarter Analogbolide verleiht der Aufnahme eine beeindruckende Natürlichkeit, ein Leben, eine Frische. Durchsichtigkeit und Durchzeichnung in der Wiedergabe sind schlicht hervorragend. Die Musik ist dabei gekennzeichnet durch Wärme, Feinheit und gesegnet mit einem ganz schwer zu beschreibenden "wohligen" Charakter. Auch empfehle ich all denen, die irrigerweise noch immer glauben, Geräte auf Basis von Transistortechnik seien im Hochtonbereich überbrilliant, klängen hart oder gar scharf, die Referenz II als schlagenden Gegenbeweis. Für mein Empfinden gibt's nichts auszusetzen: Kein Zuckerguß, kein Frequenzbereich wird in den Vordergrund gespielt. Perlig, frisch und ohne in ein ausgemergeltes Korsett zu verfallen, fügen sich auch die Höhen harmonisch in die tonale Gesamtstruktur ein.

Ich bin mir wegen der vielfältigen Qualitäten der Referenz II nicht sicher, ob ich die klanglichen Grenzen wirklich ausloten kann. Ist daher mein Bericht zu euphorisch? Ich bin von dieser Vorstufe regelrecht begeistert. Allerdings nehme ich für das, was ich hier geschrieben habe, meine Subjektivität in Anspruch. Ich bin mir jedoch sicher, daß jemand, der diese Phonostufe in einer adäquaten Kette länger hören kann, meine Eindrücke teilen wird. Die Referenz II ist herausragend. Und zu guter letzt stelle ich mir die Frage, was soll man von einer Phonostufe eigentlich mehr erwarten? Diese besitzt die Macht über die Gefühle.

Fazit: Wenn bei Tessendorf "Referenz" draufsteht, ist auch eine "Referenz" drin!

MK

Das Produkt:
TE Phono Referenz II
Preis: 5.213 Euro

Hersteller:
TE Audio Systeme
Krehlstraße 13
70563 Stuttgart
Tel. und Fax: 0711 - 735 15 74
Internet: www.tessendorf.de

gehört mit:

Analoge Laufwerke: Transrotor Eternita, Musica Nova Piano Forte, Transrotor Fat Bob, Pluto 12a;
Tonarme: SME V (2x), SME 3012R, SME 312, Pluto 5a Special, Pluto 2 A
Tonabnehmersysteme: v.d.H. Black Beauty, Transfiguration New Spirit, The Cartridge Man, SPU-Royal, Clearaudio Victory H, Goldring Elite II, Flair von Phonosophie;
Übertrager: Ortofon SPU T 100
CD-Spieler: Burmester 916, Phonosophie Impulse 2 Netzteil und Power Control 3;
SACD-Spieler: XA Sony 333 ES von Clockwork
Wandler: Burmester 980, Audio Alchemy DTI Pro 3.2;
Vorverstärker: Burmester 808 MK V,  Phonosophie Bi-Control 2 und Power Control 2
Phonostufe: Blue Amp Model 42, EAR 834 (3x), TE Audio Phono (Tessendorf/MC -Teflonausführung) und Filternetzteil (2x), integrierte Phonostufe 808 MKV Burmester, Phonsophie und Power Control 2
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono),   Phonosophie Bi-Stage Twin 1/4;
Vollverstärker: Unison Research Simply 845 (Triode), Symphonic Line RG 14 (Version 2003);
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Guarneri Sonus Faber, Newtronics Gate aktiv, Bella Luna von Duevel;
Kabel (NF/LS/Netz): Acapella (Silber), Bastanis Epilog, Dolphin Black und Gold, Sun-Wire, HMS-Gran Finale, Clockwork, Flatline SPM-Reference, HMS Grand Finale, Stadthaus 7 und 11 Brains, HMS-Phonokabel, Ortofon 5000er Reinsilber-Phonokabel, Phonokabel von SAC, Phonokabel Sun-Wire (3 x), Aural Symphonics (Digital), Elon III, Bülow, XLO-Netzkabel, Netzkabel Schäfer und Rompf, Voodoo Netzkabel-(Prototyp), Netzkabel von Burmester und Phonosophie, WBT-Kabelschuhe, Netzsteckerleisten: Phonosophie, XLO, Sun;
Zubehör Stromversorgung: Burmester Powerconditioner, Netzkabeladapter von Hans-Ulrich Rahe (Prototyp);
Zubehör Basen: Copulare Tonbasen, Acapella-Musikbasen (auch für Lautsprecher), Big Block und Speed Block von Acapella,  Acapella-Pucks, SSC-Basen, Racks von Audio Magic, Ducal-Kabelträger von Copulare, Kabelträger von Audio Magic, Räke Pucks, ART-Graphitpucks, Shun Mook, Shaktis, Enacoms, Pucks Millennium Audio;
Zubehör digital: CD-Sound-Improver von Gläss, CD-mat von ART, Audio Animator von Art Akustik;
Zubehör analog: Schablonen von Stadthaus, Clearaudio, Music Connection, KAB-Strobe, Pluto, Wasserwagen von Clearaudio, Ortofon und Präzisionswasserwaage, Outer Limit-Plattenring von Clearaudio, Entmagnetisierer von Audio Physic,Ring-Mat;
Raumtuning:
RFA 78 von Harmonix;
Reinigungsmittel: Audiotop (Acapella), Last, LP-Waschmaschine Matrix von Clearaudio, CD-Waschmaschine von Gläss

Mit freundlicher Genehmigung des HÖRERLEBNIS-Verlages

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Stand 21.11.2005