Endstufen: Tessendorf Class
A-Monos
Spiegel der Seele
von Wolfgang Vogel
Grundsätzliches
Transistorverstärker? Gar Endstufen? Nein, das ist nicht (mehr) so
recht "mein Ding". Ich laufe zwar keineswegs schreiend davon, wenn es
um siliziumbestückte Amps geht - ganz soweit ist es denn doch noch
nicht - das Thema reizt mich seit geraumer Zeit nur weit weniger als
früher. Die Vorzüge erstklassiger SET-Röhrengeräte haben mich da einer
gewissen Befangenheit anheimgegeben. Doch die, wie alle Endverstärker
des Hauses TE Audio, transistorisierten Class A-Monos von Siegbert
Tessendorf wollte ich für einen Bericht haben. Ein Widerspruch?
Mitnichten! Zum einen genießen die Produkte aus der kleinen Manufaktur
bei Stuttgart nicht nur redaktionsintern einen sehr, sehr guten Ruf,
den es zu überprüfen galt; zum anderen hingegen halte ich das Konzept,
Endstufen zu bauen, die zu maximaler Klangausbeute mit Lautsprechern
jenseits der 90, besser 93, dB/A Wirkungsgrad kombiniert werden
sollten, für sinnvoll. Der Trend zu immer wirkungsgradschwächeren
Lautsprechern, die zum Errreichen selbst moderater Lautstärken bereits
"Leistungsboliden" benötigen, scheint zwar derzeit vorerst gestoppt -
doch ist es nicht ohnehin widersinnig, (noch dazu bewußt) ineffektive
Systeme zu konzipieren? In der Natur, von der wir in den letzten
Jahrzehnten zunehmend mehr über wirksame Systeme lernen (Stichwort:
Bionik), kommt so etwas jedenfalls meines Wissens nicht vor. Warum
also in der Audiotechnik?
Es ist weiters in
audiophilen Kreisen bereits seit vielen Jahren der Mythos im Umlauf,
daß sowieso nur Röhrenfreaks wirkungsgradstarke Lautsprecher
wollen/brauchen, da sie sonst mit den paar Röhrenwatt Ihrer
"Lieblinge" nicht weit kommen. "Normalen" Anlagen bringe das aber
nichts. Sorry, aber das ist schlichtweg Unsinn! Selbst ohne auf die
unterschiedlichen Röhrentypen und Konstruktionsprinzipien detailliert
einzugehen (Push-Pull-Pentodenverstärker pflegen beispielsweise meist
über Ausgangsleistungen vergleichbar denen "normaler"
Transistorvertreter zu verfügen), bleibt festzustellen: Nicht wenige
Besitzer von durchaus strompotenten Vollverstärkern oder Endstufen
schätzen solche Lautsprecher. Warum? Schließen Sie einmal entsprechend
impulsschnelle Transistoramps an solche "Loud"-Speaker an - und Sie
werden verstehen...
Die Probanden
Womit wir bei den Tessendorf Class
A-Monos wären. Ohne allzuviel vorwegnehmen zu wollen, möchte ich doch
vorweg bereits behaupten, daß diese Amps zu den zwei, drei besten
transistorisierten Verstärkern zählen, die ich kenne. Zum
Selbstverständnis des Entwicklers Siegbert Tessendorf gehört dabei die
makellose äußere Erscheinung seiner Produkte ebenso wie die optimale
Gestaltung technischer Details vom Platinenlayout bis zur Auswahl der
Anschlußterminals. Da ergänzt sich die akribisch-detailversessene Art
des geborenen Preußen mit der typischen, Solidität und Qualität über
alles andere stellenden Eigenheit seiner schwäbischen Wahlheimat. Von
dieser Kombination profitieren letztlich die Kunden der
Audio-Manufaktur. “Billig” kann, will und wird ein Tessendorf-Gerät
nie sein. Aber wer nach wirklich hochwertigen Produkten aus deutscher
Fertigung sucht, kommt an TE Audio kaum vorbei.
Die technischen Daten der Monos
sind sehr gut (Klirrfaktor <0,01%, Geräuschspannungsabstand 103 dB,
Anstiegszeit 1,2 µSec, Frequenzumfang 2 Hz bis 280 kHz), vermögen
aber, meiner an Meßwerten nur in zweiter Linie interessierten Natur
entsprechend, trotz ihrer Qualitäten allein noch keine Begeisterung zu
entfachen. Das gelingt den elegant wirkenden, kompakt-stabilen,
äußerst sauber verarbeiteten Gehäusen mit der dicken (15 mm!)
verchromten Frontplatte schon eher. Ich bin zwar von Hause aus kein
Chrom-Fan, aber toll gemacht ist das fraglos. Keine Diskussion.
Erstklassige WBT-Anschlußterminals sind selbstverständlich, ebenso die
Abwesenheit von Billigstbauteilen. Gut, so ein Pärchen TE-Class
A-Monos ist mit 5568 Euro (immerhin entsprechend ca. 11000 DM alter
Währung) sicher kein Sonderangebot - aber in dieser Preisklasse (und
teils auch bei deutlich teureren Geräten) habe ich in jeglicher
Hinsicht schon weit einfachere (sprich: billigere) Lösungen gesehen.
Einsatz
Betrieben habe ich die Endstufen
sowohl mit Röhren- (Outsider Pre ECC 83, Paragon 12 A) wie auch mit
Transistorvorstufen (u.a. stst Agmen II). Dabei hatte die Kombination
mit den Röhren-Pres durchaus ihren unleugbaren Reiz, auch wenn
Siegbert Tessendorf diese Zusammenstellung ohne entsprechende
Anpassung der Endstufen (Eingangswiderstand) für elektrisch gesehen
zwar machbar, wenngleich auch nicht ganz optimal hält. Die Hörsessions
für diesen Bericht wurden letztlich, um alle diesbezüglichen
Unsicherheiten auszuschalten, gleichermaßen mit dem
Paragon-Röhrenvorverstärker wie mit der stst-Vorstufe durchgeführt.
Die Unterschiede zwischen den Preamps wurden dabei klar aufgezeigt -
auffallend war aber: Es ergab sich immer
eine musikalisch harmonierende Konstellation, die voll zu überzeugen
wußte.
Die
klanglichen Fähigkeiten der Class A-Monos zeigten sich dabei
vorstufenunabhängig auf einem extrem hohen Niveau - was sowohl für die
reinen "HiFi-Kriterien" wie auch für den puren Spaßfaktor gilt. Selten
genug
trifft beides einmal zusammen, doch hier paßt die Beschreibung genau.
Rock!
... und Klassik
Nach längerer Zeit durfte
sich mal wieder "Amerikas am wenigsten gesuchte" Band Ugly Kid Joe in
meinen Räumen austoben. "Americas least wanted" (1992,
Mercury/Polygram 512 571-2) zeigte dabei musikalische Rüpel-Manieren
allererster Klasse - will sagen: Es kracht, lärmt, fetzt, rockt ...
kurz: Es macht irre viel Spaß! Diesen unvermittelt und ungebremst an
die Lautsprecher weitergereicht zu haben rechne ich den
Tessendorf-Monos hoch an. Nur wenige Endstufen finden hier exakt das
Timing zwischen knallhartem Zuschlagen und differenzierter
Darstellung. Ob nun der "nette" neue Nachbar sich vorstellt
("Neighbor"), einer Frau (... der zukünftigen Exfreundin?)
unmißverständlich klar gesagt wird, daß man nichts, aber auch rein gar
nichts an ihr leiden kann ("Everything About You") oder gar der
Gehörnte tiefstselbst seine Visitenkarte abgibt ("Goddamn Devil") -
immer bekommen die Baßtreiber den richtigen Tritt in die
Schwingspulen, sobald dies nottut. Der Rest des Frequenzspektrums? Der
wird mit gleichartig lässig präsentierter Farbenpracht gekonnt in den
Raum gefeuert.
Sie mögen keinen Hard-Rock?
Kein Problem. Die klassische Aufnahme der DGG der Schubert-Symphonie
Nr. 7 (9) C-dur op. posth. mit den Berliner Philharmonikern unter der
Leitung von Karl Böhm (DGG SLPM 138 877) wurde von Günter Hermanns
seinerzeit (1963) in Zusammenarbeit mit Aufnahmeleiter Wolfgang Lohse
angefertigt. Bewegend, spannend, phantasievoll, so begegnet dieses
Werk des im Alter von nur 31 Jahren verstorbenen Komponisten dem
Hörer. Voller Emotionen nimmt es uns mit auf eine Reise in die
Gefühlswelt seines Erschaffers - aber nur dann, wenn die
Wiedergabekette sich dem gewachsen zeigt, wird die "Siebte" zum
memorablen Erlebnis. Die TE Class A-Monos lieben solche intensiven
Musikstücke förmlich, können sie doch bei deren Reproduktion mit der
ihnen eigenen Pracht der kompletten tonalen Farbpalette glänzen, die
doch so schwer mit einer "Richtigkeit" zu schaffen ist, welche nun
einmal ein wirkliches Musikerlebnis ausmacht.
Eine weitere faszinierende Aufnahme
eines Schubert-Werkes legte Alfred Brendel 1972 mit seiner bei Philips
erschienenen "Sonate in B-dur, D.960 / Fantasie in C-dur
‘Wanderer-Fantasie’ “ (Philips 6500 285) vor. Zwischen ruhiger
Feierlichkeit und vehementer Lebhaftigkeit wechselt das Werk seine
Anmutung. Zur intensiven Gestaltung Schuberts gesellt sich hier die
technisch-klavierwerkliche Spielfähigkeit Brendels. Wer da noch auf
die altbekannten HiFi-Kriterien zu achten vermag, ist wohl sowieso
kein Freund klassischer Klavierdarbietungen...
"Just The Same"
... lautet der Titel der
1996 erschienenen Terri Clark-CD (Mercury Nashville 314-532 879-2),
auf der unter anderem eine meines Erachtens äußerst gelungene
Interpretation des Warren Zevon-Klassikers "Poor, Poor Pityful Me"
enthalten ist. Erstaunlicher- nein, erfreulicherweise gelingt es Terri
sehr gut, den ironisch-sarkastisch lauernden Unterton des Originals in
ihre eigene Vortragsweise zu übernehmen - das weibliche Pendant zu Mr.
Zevon's "Selbstmitleid" vermag zu überzeugen. Auch andere Tracks
dieses Albums lassen die Kraft spüren, die die Texanerin mit dem
unvermeidlichen Stetson nicht zuletzt stimmlich auszeichnet. Ob es
dabei nun schwungvoll ("You Do Or You Don't", "Hold Your Horses") oder
ruhig-besinnlich zugeht ("Keeper Of The Flame"), immer spürt man die
Energie dieser Frau aus den einzelnen Titeln heraus wirken.
Fazit: Die TE Class
A-Monoblöcke überzeugen mit ihrer exzellenten Verarbeitung genauso wie
mit ihren musikalischen Fähigkeiten. Ob nun satte Gitarrenriffs auf
dem Programm standen, womöglich untermalt mit kräftigen Baßattacken
und stabilem Schlagzeugfundament, oder ob es um das verhaltene
Ausklingen sanftester Klavieranschläge geht - stets sind die Monos
voll da. Wer Lautsprecher mit einem Wirkungsgrad unter ehrlichen 85
dB/W/m betreibt, möglicherweise noch dazu in einem großen Raum, sollte
von den Class A-Monos Abstand nehmen - dafür sind sie nicht gebaut.
Für alle anderen (und mit jedem dB jenseits der 90 gilt das verstärkt)
ist zu konstatieren, daß es aus dem Hause Tessendorf eine reizvolle
Alternative zu "normalen" Transistorverstärkern oder
Push-Pull-Pentoden gibt. Keine angezogene Handbremse. Keine Härten im
"Geschwindigkeitsrausch". Keine farblos-matt dahindümpelnden, müden
Töne. Keine Langeweile. Kurz: diese Verstärker sind im positiven
Sinne, "verdammt nah an der Röhre". Sie beherrschen alle üblichen
Kriterien aus dem Effeff, verstehen es darüberhinaus zudem, fabelhaft
zu musizieren, vertragen sich auch mit Röhrenvorstufen bestens - und
wenn Sie, wie auch ich, zu den Hörern gehören, die ausschließlich nach
Stimmung die Musik auswählen, werden die Class A-Monos von TE Audio
zum akustischen Spiegel der Seele ... was will man mehr?
WV
Das Produkt:
Tessendorf Class A
Monoendstufen
Abmessungen (B x H x T): jeweils 17,6 x 12,1 x 35 cm
Leistung: je 20 W/8 Ohm
Preis: 5.568 Euro/Paar
Hersteller:
TE Audio Systeme U.
Tessendorf
Krehlstr. 13
70563 Stuttgart
Tel./Fax: 0711-7351574
Email-Kontakt:
www.tessendorf.de/kontakt.htm
Internet:
www.tessendorf.de
Mit
freundlicher Genehmigung des HÖRERLEBNIS-Verlages |