Erlesenes
aus dem
Musterländle
Tessendorf Monoendstufe
TE12
In Stuttgart
ist branchenbekannte Presse zuhause. In Stuttgart ist High Fidelity
zuhause. Dafür sorgt die nicht so bekannte Firma Tessendorf. Sie
fertigt Elektronik mit schwäbischem Anspruch. Wohlüberlegt, gründlich
erprobt, erstklassig aufgebaut.
Für den Musikliebhaber...
ist die Sache ganz
einfach. TE 12 in die Anlage gestöpselt, und den ganzen HIFi-Schotter
vergessen. Warurn denn nicht gleich so. Nach langfristigem Hören setzt
sich Selbstverständlichkeit in den Gehirnwindungen fest: so kann es
sein, so soll es sein, bitte nie wieder weniger. Den Berichterstatter
freilich stellen die schwarzen Blöcke vor ein Problem. Wie soll man es
in Worte kleiden, wenn die Elektronik dem Ideal einer
transistorisierten Endstufe so nahe kommt wie selten? Die Tessendorf
Monos habe ich während eines Jahres immer wieder gehört, in ich weiss
nicht mehr wie vielen Anlagenkonfigurationen. Im Laufe dieser
überlangen Erprobungszeit hat sich ein blindes Vertrauen in die
Fähigkeiten des Gerätes herausgebildet. Wenn sich ein Schallwandler
von den TE 12 nicht antreiben lassen sollte, dann hat der Wandler eine
gravierende Macke - mindestens eine. Normalerweise kann man einer
Leistungsendstufe Fürchten beibringen, sofern man sie mit einem
höchstempfindlichen Lautsprecher zusammenspannt, also eine an sich
unsinnige Kombination vornimmt. Die Tessendorf meistert solche
Extremfälle mit Bravour. Sie ist bei extrem kleinen Pegeln genauso
,,da" wie bei sehr grosser Leistungsabgabe. In beiden Fällen setzt sie
Minimalinformationen mühelos um. Wenn man selbst erlebt hat, wie
selten sich so etwas ereignet, kann man nur staunen. Der praktische
Alltagsbetrieb gestaltet sich so problemlos, wie es nur zu wünschen
ist. Die Ansteuerung kann wahlweise via Cinch wie üblich oder
symmetrisch via dreipoligem Cannon vorgenommen werden. Ein
Stummschalter erlaubt einfachstes Umstöpseln. WBT-Lautsprecherklemmen
geben einen bombenfesten Anschluss der Kabel. Beim gleichzeitigen
Einschalten beider Blöcke kann, aber muss nicht, die Sicherung
fliegen. Das ist bei
Hochleistungsendstufen nicht ungewöhnlich; wer hat schon
Dreissig-Amper-Sicherungen in seiner Hausleitung? Die Tessendorf läuft
bis zu zehn Watt in Class-A, sie muss warm sein; eine halbe Stunde
Vorglühen - wenn's um den Genuss geht und nicht um die schnellen
Nachrichten -ist das Minimum; zwei Stunden ist besser; sechse noch
besser. Die Stromrechnung ist der einzige, aber verzeihlich
Wermutstropfen dieses Leistungsriesen. In Sachen Wattzahl werden
Tessendorfs ,,schwarze" nachdenklich stimmen. Ich habe andere
Monoblöcke gehört, die nominal doppelt soviel anboten. Auf dem
Papier. In der Praxis, wenn die Ohren zählen, war die TE 12
kraftvoller, definierter, schwärzer, nuancierter.
Eindrucksvoll
Setzte sich ein Audiophiler hin, Notizblock
vor sich, um dieses Gerät zu erfassen, geschähe etwas Merkwürdiges. Je
mehr Erfahrung mit anderen Endstufen einer hätte, desto voller würden
seine Blätter. Alle Notizen hätten denselben Tenor: Hier macht sie
diesen Fehler nicht, dort kann sie jenes richtiger. Nach geraumer Zeit
fiele auf - so ging es auch mir -, dass überhaupt keine Betrachtungen
notiert wurden, die eine ,,Tessendorf an sich" zeigen. Es gibt nichts,
was auffällig wäre. Die üblichen Begriffe, wie Räumlichkeit,
Ausgewogenheit, Dynamik und so fort, werden derart übererfüllt, dass
es
absurd wäre, davon zu sprechen. So lassen sich diese Monoblöcke nicht
beschreiben. Schliesslich bleibt der Bleistift liegen, selbst der
kritischste Beobachter will nur noch geniessen. Die TE 12 ist bei mir
an sehr unterschiedlichen Lautsprechern gelaufen, am längsten an den
Modellen Spendor 15/1 Professional, YBA Sonata, die als passives
Arbeitspferd Dienst tut und trotz ihrer Grösse äusserst aussagefähig
ist, Thiel GB 1.2 und, als letztes, Apogee Stage. Im Blindtest wäre
man geneigt zu glauben, dass bei den beiden Erstgenannten erheblich
grössere Chassis arbeiteten. Unterschiede der dynamischen
Konstruktionen, die im Mikrobereich liegen, werden mit müheloser
Deutlichkeit aufgedeckt. Beispielsweise folgender: die YBA (13 cm
Chassis, geschlossenes Gehäuse) hat untenrum nicht den Druck einer
Thiel (17 cm Chassis, Reflexgehäuse), bietet jedoch mehr an Farbigkeit
und Differenzierung in diesem Bereich. Mit derartigen Beobachtungen
liessen sich Seite um Seite
erfüllen. Diese Eindrücke summieren sich zu einem Bild: Wenn es eine
universelle Endstufe von höchstem Anspruch gibt, dann diese.
Gleichgültig, ob der Schallwandler minimale oder maximale
Leistungsabgabe verlangt, ob er klassisch dynamisch oder sonstwie
arbeitet, gleichgültig sogar, ob die Endstufe von einer Line-Vorstufe
oder nur von einer pegelgeregelten RIAA angesteürt wird - auf diesen
grossen Bruder kann man sich verlassen.
Innere Ruhe
Zu den Qualitäten, die umso eindringlicher
werden, je länger man erprobt und je
mehr die Bedingungen wechseln, muss die niemals aufdringliche,
keinerlei Nervosität verbreitende, ruhige Wiedergabe gerechnet werden.
Das heisst nun nicht, dass schrille oder knallige Musik irgendwie
geglättet oder verrundet würde. Das Gegenteil ist der Fall. Die
Differenzen zwischen schrill und sanft, hektisch und gelassen, hellem
oder dunklem Nachhall wirken vergrössert. üblicherweise ist unsereiner
schon froh, wenn ein Verstärker überhaupt jenes für grosse Räume
tvpische Verklingen eines einzelnen Tones nachzeichnet. Die
Hallcharakteristik, im Pegel unterhalb des angespielten Tones
beginnend und nach unendlich leise abfallend, stellt jede Endstufe vor
Probleme. Da gibt es, so wage ich zu behaupten, gerade auch für den
Nicht-Kassik-Hörer noch manches zu entdecken. Zum Beispiel: Fairground
Attraction, ay fond kiss, erste Seite, erstes Stück. Die Stimme von
Eddi Reader hat einen nicht unbeträchtlichen Hallanteil, der sich in
der Mitte nach hinten ausbreitet, in der Tiefe reflektiert wird, wobei
die höheren Frequenzen überwiegend verschluckt werden, die tieferen
ausgehend von der Reflexion sich zu den Seiten hin ausbreiten und die
mittleren Lagen ziemlich direkt in Richtung zurückgeworfen werden. Es
interessiert bei einer solchen Platte kaum, ob das
nun rein künstlich ,,gemacht", die natürliche Raumcharakteristik des
Chipping Norton Studios in Oxfordshire oder eine nicht näher
bestimmbare Mischung aus beidem ist. Die Stimme von Eddi Reader ist
mit all dem verbunden, wir wollen es erfahren und geniessen. Viel zu
oft tönt es in der Wiedergabe so, als ob alles grosse Räume und alle
grossen Räume Kirchen wären. Die TE 12 brechen solche (falsche)
Uniformität auf, zeichnen so detailliert und unterschiedlich, dass es
im ersten Moment verblüffen wird. Ruhige Überlegung kann freilich
nichts anderes vermuten lassen, als dass es zwischen der
Paul-Gerhardt-Kirche in Leipzig (beispielhaft eingefangen auf Eterna
827 155-156; Carl Orff: Die Kluge) und der wahrscheinlich in
bayerischen Studios produzierten Fledermaus (Johann Strauss, dirigiert
von Carlos Kleiber, DG 2530 693 - die Deutsche Grammophon verschweigt
wie allzu oft Angaben zum Aufnahmeort) Unterschiede geben muss. Die
Paul-Gerhardt-Kirche bietet den Nachhall, den wir mit solchen
Örtlichkeiten verbinden; einen soliden Anteil Seitenwandreflexion, im
Hochton lebhafte Flatterechos aus den Gewölbebogen, insgesamt schmeckt
man die ,,hohe Luft". Anders die bayerische Produktion. In den hohen
Frequenzen ist eine Dämpfung, wie sie für professionelle Räume nicht
untypisch ist, verbunden mit einem zum Grundton hin steigenden
Hallanteil, der den grossen Raum ,,atmen" lässt. Das Orchester separat
und übertrocken aufgenommen und in die Bühne eingeblendet; kleine,
aber feine Details; der Bühnenraum hat eine Kulissenwand und dahinter
die Rückwand, in diesem Zwischenraum singt einer (Beginn der
Gefängnisszene), das Türenschlagen lässt die Kulisse geräuschvoll
flattern- all das bringt die TE. Und wie leicht und selbstverständlich
es herauszuhören ist! Lassen wir die Deutsche Grammophon nur
schweigen, die Tessendorfs sagen uns -selbstverständlich in einer
geeigneten Kette (siehe dazu auch den Bericht über die Stage) -, was
immer
wir wissen wollen. Diese Souveränität begeistert.
Alles im Lot
Lebt man mit einem Verstärker intensiv
zusammen, so bildet sich, bewusst oder unbewusst, ein Eindruck davon
aus, wo die Wiedergabe ihren Schwerpunkt hat. Oft geschieht das rasch
und ist nicht mehr als eine Addition der auffälligsten
Fehler. Als da sind: Die Endstufe hat zu wenig Höhen, folglich einen
zu tiefen Schwerpunkt; bei ausgewogenen Höhen ist der Grundton zu
aufgebläht, also rutscht der Schwerpunkt dorthin; die Bässe fehlen,
also wandert er nach oben. Sogar bei grundsätzlich ausgewogenem
Frequenzspektrum können die Wiedergabeeigenschaften an einer Stelle
ohrenfällig abweichen, ins Gute oder Schlechte; zwangsläufig fällt
dorthin die Aufmerksamkeit, ergo der Schwerpunkt. Aber all das trifft
hier nicht zu. Man empfindet ,,leicht" und ,,schwer" auch bei
gelungenen und in sich ausgewogenen Geräten. Was nichts anderes
bedeutet als eine Aussage darüber, wo der Dreh- und Angelpunkt liegt.
Beispielsweise wird eine Spender 75/1 schwerer als eine 15/1, oder
eine Omtec CA 25 leichter als eine CA 60 eingeordnet. Wiederum stellt
die TE 12 den Betrachter vor eine Schwierigkeit. Nach fast einem Jahr
wirkt die Endstufe auf mich nicht anders als gerade richtig. In
Relation zu vielen anderen muss ich rückblickend deren Fahigkeiten im
Grundton als zu gering gewichten oder der Tessendorf zubilligen. dass
dies der Bereich ist, aus dem heraus sie ihre Richtigkeit gewinnt. Von
hier aus baut sich die kangliche Reproduktion auf, und dieses
Fundament steht wie ein Felsen. Der Zen-Buddhismus nennt diesen
Zustand Hara; dann befindet sich alles stimmig im Schwerpunkt, und
Kraft und Ruhe fallen zusammen. Genauso isses. Nur dass es sich
hierzulande eben um schwäbische Solidität handelt und um nichts
anderes. Und die ist uns ja aus hififremden Branchen wohlbekannt.
Zahlen und Werte
Eine TE 12 leistet über hundert Watt an acht Ohm
und an die vierhundert an
einem. Und da von nicht nichts kommt, ist der Aufbau entsprechend. Das
fingt beim Netzfilter (serienmässig!) an und hört beim Reinsilberdraht
(7 mal 1 mm²) zu den WBT-Klemmen nicht auf; im Signalweg sowie im
Netzteil werkeln als Kondensatoren Wonder-Caps, die restlichen sind
MKP-Typen. Und so weiter. Kein Wunder, dass noch die äussere Gestalt
von Seriosität und Liebe zum Detail bis hin zu den Schraubköpfen
geprägt ist. Ohne irgendwelchen Mätzchen. Angesichts der Summe von
klanglichen und technischen Qualitäten muss der Preis äusserst
angenehm überraschen. Oder ist es schon wieder ein Manko, soviel für
sowenig zu bieten? Vielleicht sollte man die Firma Tessendorf dazu
bewegen, die Aussenbleche vergolden, den Preis verdoppeln zu lassen
und das unter dem Motto ,,Goldstück aus Stuttgart' anzubieten. Es soll
Mitmenschen geben, die ans Erstklassige erst dann glauben, wenn der
Preis in den Wolken schwebt. So gesehen hätte Mercedes immer mit den
Rolls-Royce-Preisen konkurrieren müssen. Aber so handelt man im
Musterländle nicht. All jenen, die ihre High-End Leidenschaft damit
begonnen haben, von der ML-2 zu schwärmen, und die heute nach einem
würdigen Objekt ihrer Verehrung
Ausschau halten, ist dringend
zu empfehlen, einmal bei Tessendorf Mass zu
nehmen. Die TE 12 ist bemerkenswert. Sie setzt einen Standard.
- GW
Monoblöcke Tessendorf
TE 12
Ser.- Nr. 036/037
Preis: EUR 11.940,00
(das Paar) aktuell 01.06.2005
Vertrieb: TE Audio
Systeme U. Tessendorf,
Krehlstraße 13, 70563
Stuttgart
Tel. u. Fax:
0711/7351574
Die TE 12 gibt es immernoch,
weiterentwickelt, mit DC-Regelung und internem Zusatznetzteil für die
Eingangsstufe und sie ist nach wie vor unsere Beste!
* "DAS OHR"
erscheint seit Nr. 34 (1991) nicht mehr, einige Autoren schreiben
heute im "Hörerlebnis"
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