Vorverstärker und die Compact DISC
Als
die ersten OD-Spieler auf den Markt kamen, war es eigentlich ganz
selbstverständlich, daß man sie an den Hochpegel-Anschluß des
Vorverstärkers anschloß. Komischerweise waren in der ersten
Generation eine ganze Reihe von Geräten darunter, deren
Ausgangspegel für die Vorverstärkeranschlüsse recht üppig bemessen
war. Dies und die alte High-End-Weisheit ‚weniger ist mehr‘ mag wohl
dazu geführt haben, daß die ersten Audiophilen damit zu
experimentieren begannen, das neue Medium unter Umgehung des
Vorverstärkers direkt an die Endstufen anzuschließen, Viele Spieler
verfügten über keine Pegelregler für die Ausgänge, und manche
Konstruktionen zur Lautstärkeregelung fielen recht abenteuerlich
aus. Auch hatten die meisten CD‘ler eine recht hohe Ausgangsimpedanz
aufzuweisen, was mit manchen Endstufen-Eingängen so gar nicht
harmonierte, wenn die Strippen lang genug waren. Was sich
durchsetzte, war eigentlich nur eine allgemeine Verunsicherung. Kann
ich jetzt den Player direkt mit der Endstufe betreiben? Soll ich
meine Vorstufe verkaufen? Klingt‘s besser ohne Vorstufen-Linearteil?
Solche und ähnliche Fragen habe ich in der letzten Zeit zuhauf
gehört. Grund genug also, einmal ein wenig nachzuhören, wie denn die
Vorverstärker mit der neuen Programmquelle zurecht kommen.
Allgemeine Regeln
Bevor ich auf meine Hörergebnisse eingehe, möchte ich
zunächst einige Gedanken bezüglich der Problematik loswerden. Bei
Vorverstärkem hat man sich eigentlich von jeher auf die Phonostufe
konzentriert. Die Verstärkung sehr kleiner Tonabnehmersignale um
manchmal bis zu 70 Dezibel ist und bleibt ein anspruchsvolles
Problem. Die überwiegende Anzahl der Entwickler stürzt sich bei
einer Neukonstruktion deshalb zunächst einmal auf das Phonoteil. Ist
das geschafft, wird noch ein Linearteil mit zumeist 10-facher
Verstärkung angehängt, und fertig ist die Vorstufe, Ich kenne kaum
einen Spitzenvorverstärker, der nicht die gleiche
Schaltungstopologie in Phono- und Linearteil aufweist. Eigentlich
eigenartig, ist ein MC-Signal wirklich so ähnlich zu handhaben wie
ein Hochpegel-Anschluß? Vor dem Auftauchen der CompactDisc gab es ja
auch nicht gerade viele Anwendungen für die direkte Ansteuerung des
Linearteils. Die CD brachte da schon so einiges in‘s Rollen. Für die
überzeugten CD-Anhänger wurde der Phonoteil überflüssig, warum also
ihn mitbezahlen, wird sich so mancher gedacht haben. Die Hersteller
reagierten darauf in zweifacher Weise. Zum einen gibt es immer mehr
Vorstufen, die aus zwei separaten Einheiten für Phono- und
Linearteil bestehen und damit dem Anwender die Wahl lassen. Auf der
anderen Seite verfügen die meisten Player inzwischen über einen
regelbaren Ausgang, der natürlich zum gänzlichen Umgehen der
Vorstufe einlädt. Generell muß man beim Direktanschluß einiges
beachten. Die meisten Player verfügen nur über sehr grobe
Pegelsteller, die einem feinfühligen Lautstärkeabgleich einiges
entgegensetzen. Darüber hinaus muß man auf die maximale
Spannungsabgabe-Möglichkeit und den Ausgangswiderstand achten.
Während erstere nur in Verbindung mit der einzusetzenden Endstufe
entschieden werden kann, hat es sich bei den Impedanzverhältnissen
immer als günstig erwiesen, einen möglichst niedrigen
Ausgangswiderstand bei gleichzeitig hohem Eingangswiderstand des
Verstärkers zu fordern. Ein Faktor von 10 bis 20 sollte schon
zwischen den Impedanzen liegen und insbesondere sollte der
Ausgangswiderstand des Players von der Stellung des Pegeireglers
unabhängig sein. Letzteres übrigens eine ganz natürliche Forderung
bei Vorstufe, eigenartigerweise wird sie bei CD‘lern nur sehr selten
erfüllt.
Die Vorbereitungen
Um der Frage nach dem Sinn oder Unsinn der
zwischengeschalteten Linearstufe auf die Spur zu kommen, habe ich
eine größere Versuchsreihe gestartet. Teilnehmer auf der
Vorverstärkerseite waren hierbei der Accuphase C-280L, Burmester‘s
877, der Mark Levinson No. 26, die neue OutsiderVorstufe und eine
verbesserte Version des kleinen Tessendorf-Vorverstärkers, Auf der
treibenden Seite habe ich den Accuphase DP-80/DC-81 eingesetzt,
sowie in weiten Strecken Burmester‘s 870 CD-Prozessor zusammen mit
dem Laufwerk aus dem SONY CDP-577E5D. Mit diesem Gerätepark ergeben
sich natürlich einige ganz besonders interessante Spielvarianten.
Ich habe unter anderem folgenden Fragen nachgespürt:
1. Verändert sich das Klangbild, wenn die
Linearstufe zwischen Player und Endstufe sitzt oder aber wenn der
Player die Endstufe direkt treibt?
2. Gibt es Unterschiede zwischen den symmetrischen
und unsymmetrischen Hochpegeleingängen an derselben Vorstufe
(Accuphase, Burmester)?
3. Eignet sich der Accuphase-Player zum
Direktbetrieb an den Endstufen?
4. Eignet sich der Burmester-Prozessor auf Grund
seiner eingebauten Ausgangsstufe besonders gut zum direkten
Anschluß?
Die Liste ließe sich beliebig erweitern.
Konzentrieren wir uns jedoch auf die Ergebnisse.
Accuphase C-280L
Das Auftauchen der L-Version meiner altgedienten
Vorstufe hat mich eigentlich das erste Mal auf die Problematik
Hochpegeleingang so richtig draufgestoßen. Während nämlich die
Phonotelle des Gerätes gleich blieben, haben die
Accuphase-Ingenieure für die L-Version eine neue Linearstufe
entwickelt. Klangliche Veränderungen waren da und wurden von mir
unter Benützung des analogen Frontends in Heft 19 beschrieben. Was
aber tut sich bei CDAnsteuerung? Uberraschenderweise eine ganze
Menge. Unter Verwendung des Accuphase-Players ist zunächst einmal
eine subtile Veränderung bei symmetrischem und nicht symmetrischem
Betrieb festzustellen. Die symmetrierte Verbindung zeigt eine
geringfügig feinere, leicht geschmeidigere Abbildung der Mitten und
Höhen. Ein Hauch an Rauhigkeit, der im unsymmetrischen Fall
vorhanden ist, verschwindet, und das Klangbild glänzt ein wenig
mehr. Auch ergeben sich bei symmetrischem Betrieb etwas schärfere
Abbildungskanten, etwas prägnantere Abgrenzungen räumlicher Natur.
Jedenfalls würde ich die symmetrierte Verbindung vorziehen, auch
wenn die Unterschiede nun wirklich sehr klein sind, In einem
weiteren Versuch habe ich den Accuphase-Player einmal direkt, einmal
über die Linearverstärker, ich möchte das einmal für diesen Artikel
als indirekt bezeichnen, gehört. Das Ergebnis war mehr als
überraschend. Ich würde den indirekten Weg vorziehen! An den
Impedanzverhältnissen kann es nicht gelegen haben (Pionier D23 = 100
kOhm Eingangswiderstand), und auch die erzielbare Lautstärke war für
meine Hörgewohnheiten vollauf ausreichend. Klanglich ergab sich
jedoch im direkten Anschluß ein eigenartiger Verlust an dynamischem
Kontrast, eine gewisse Einengung im Explodieren und eine
Verschlechterung des Ausklingens. Daneben gesellte sich eine
Klangfarbenverschiebung im Hochton zu einer mehr hellen, schon fast
dürr zu flennenden Abbildung. Auch im Grundton konnte ich eine
leichte Fahlheit im direkten Anschluß feststellen. Das Bild änderte
sich wiederum komplett, als ich den Burmester-Prozessor einmal
direkt, einmal indirekt in Verbindung mit dem C-280L anhörte. Hier
hätte ich eindeutig den direkten Weg vorgezogen. Indirekt ergab sich
ein Verlust an räumlicher Präzision, die Klangfläche ging etwas in
die Breite, ein Verlust an Tiefe war feststellbar, und die
Plastizität litt.
Burmester 877
Der Burmester-Vorverstärker zeigte in
Verbindung mit dem Accuphase-Player eine recht ähnliche Tendenz wie
der C280L, lediglich die Unterschiede zwischen symmetrisch und
unsymmetrischem Eingang fielen geringer aus. Auch hier hätte ich für
das Einschleifen des Vorverstärkers plädiert, solange der
Accuphase-Player die Programmquelle darstellte, Bei der Kombination
mit dem Burmester-Wandler konnte ich mich nicht so recht
entscheiden. Im direkten Weg ergaben sich leichte Pluspunkte
hinsichtlich der Feinheit der Höhen und der Raumpräzision, im
indirekten über die Burmester-Vorstufe schien mir ein winziger
Gewinn an dynamischer Kontrastierung und Auflösung vorhanden zu
sein. Die Unterschiede sind hier aber wirklich von unbedeutender
Natur, so daß sowohl direkter wie indirekter Betrieb kaum
unterscheidungsfähig sind.
Mark Levinson No.
26
Leider hatte ich das Symmetriemodul
für den 26 immer noch nicht zur Verfügung, so daß ich auf die
Versuche mit dem Accuphase-Player verzichtet habe. Im Zusammenspiel
mit dem Burmester-Wandler ergaben sich bei der 26 greifbare
Ergebnisse: Ich würde den direkten Weg vorziehen.
Indirekt ergaben sich leichte Veränderungen in der Höhenabbildung,
ein geringfügiger Verlust an Geschmeidigkeit stellte sich ein, und
auch der Grundton zeichnet im direkten Betrieb konturierter bei
gleichzeitiger Rundheit und Wärme.
Outsider-Vorstufe
Obwohl ich die Outsider-Vorstufe noch
nicht besprochen habe, sollte sie an diesen Experimenten teilnehmen;
um es gleich vorneweg zu nehmen, sie schlug sich mit Bravour. Man
darf auf die Erprobung des Phonoteils gespannt sein. Im Betrieb mit
dem Burmester-Wandiler konnte ich kaum Unterschiede zwischen
direktem und indirektem Betrieb feststellen. Eine geringfügig
plastische Abbildung zu gunsten des direkten Betriebes vielleicht,
aber das lag dann schon in der Ungenauigkeitsbreite des Hörens.
Kontrastiert wird dies durch eine, wie mir schien, geringfügige
Erhöhung der dynamischen Auflösung im indirekten Betrieb. Ein Effekt
ähnlich wie bei der Kombination Burmester mit Burmester.
Hinsichtlich des Accuphase-Players wäre für mich die Entscheidung
klar: indirekter Betrieb.
Tessendorf TE 1 MKII
Vorab sei erklärt, daß ich eine
andere Version des kleinen Tessendorf-Vorverstärkers vorliegen hatte
als diejenige, die WD im letzten Heft besprochen hatte. Meine
Version verfügte über keine Phono-Anschlußmöglichkeit und war zudem
noch mit höherwertigen Bauteilen, wie etwa WonderCaps, bestückt.
Erhältlich sind bei Tessendorf beide Versionen, die von WD benutzte,
wie auch meine. Optisch unterscheiden sich die Geräte überhaupt
nicht, einzige Ausnahme: die Phonobuchsen sind nicht eingebaut. Dies
kann auch zu ein wenig Verwirrung führen, zeigt doch der
Eingangswähler noch eine Position "TA" auf, die in Wirklichkeit ein
Hochpegeleingang ist. Neben dem MKII hatte ich auch das Gerät
vorliegen, das WD für den Bericht in Heft 23 verwendet hatte. In
Verbindung mit dem TE1 MKII und dem DP-80/DC-81 wiederholten sich
die Ergebnisse, die ich auch schon bei den anderen Vorverstärkern
tendenziell festgestellt hatte: ich würde den indirekten Betrieb
vorziehen. Uber den TE1 war ein Gewinn an Hochtonfarbe und Präzision
festzustellen. Daneben ergab sich eine geringe Verbesserung im
dynamischen Aspekt. Allerdings konnte ich auch eine wirklich nur
geringfügige Einengung der Abbildungsbreite feststellen, die Tiefe
und Plastizität waren davon nicht berührt. Der Burmester-Wandler
unterstützt dies noch ein wenig weiter, direkt konnte ich eine
minimal breitere Auffächerung hören, auch ein bißchen mehr an
Plastzität.
Ergebnisse
Die Resultate dieser Versuchskette
haben mir einige Gedankenanstöße gegeben. Ich würde sie wie folgt
zusammenfassen:
1. Die Compact
Disc-Wiedergabequalität, wie sie von einem Accuphase oder
Burmester-Wandiler geliefert wird, ermöglicht, klangliche
Unterschiede in der Vorstufe auszumachen. Dies stellt dem
Entwicklungsstand der CD kein schlechtes Zeugnis aus, zumal es sich
bei meiner Vorstufenkollektion ja nicht gerade um das untere Ende
der Qualitätsskala handelte. Dies erfordert auch gleichzeitig ein
Umdenken bei der Erprobung und Entwicklung von höchstwertigen
Vorstufen. Wenn nämlich die Linearverstärker klanglich optimiert
werden, dann muß sich dies auch auf die Phonowiedergabe auswirken,
läuft doch das Phonosignal durch die Phono- und die Linearstufen.
2. Der CD-Player sollte nicht
blindlings unter Umgehung einer Linearstufe an die Endstufen
angeschlossen werden. Es hat sich, zwar mit unterschiedlicher
Intensität, aber doch weitestgehend, bei allen erprobten Vorstufen
ergeben, daß der indirekte Weg zusammen mit dem Accuphase-Spieler
vorzuziehen ist. Kurze Gegenversuche
mit dem SONY CDP-577E5D zeigen, daß dies nicht nur beim
Accuphase-Player der Fall ist.
3. Die Ergebnisse mit dem
BurmesterWandler erscheinen mir die Empfehlung wert, ihn direkt zu
betreiben.
4. Zumindest bei den beiden
Vorverstärkern, die die Möglichkeit dazu bieten, hat sich eine
symmetrierte Verbindung als vorteilhaft erwiesen. Sollte sich dies
mit weiteren Vorstufenmodellen erhärten lassen, muß man wohl die
Forderung an die Spieler-und Verstärker-Konstrukteure stellen,
symmetrische Ein- und Ausgänge bereitzustellen.
Zum Abschluß möchte ich die OHR-Leser dazu einladen, ihre
Erfahrungen mit dem direkten und indirekten Betrieb zu beschreiben.
Vergessen Sie aber nicht anzugeben, welche Endstufe Sie aus dem
Player oder der Vorstufe heraus treiben. Das FORUM im nächsten Heft
steht dafür offen.
-KR |