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Tessendorf
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TE-CD-Kabel Reinsilber

 

 

Erste Veröffentlichung im High End Katalog 1990

Über die Beurteilung von Komponenten einer
High End Kette

Teil II

Im High End Katalog '89, Seite 112-115 (siehe Teil I), habe ich versucht, das oben genannte Thema von einer mehr theoretischen Seite anzugehen. Diesmal sollen es praktische Erfahrungen sein, die dieser Fortsetzung zugrunde liegen

Die High End Kette

Die High End Kette ist eine bewußte Aneinanderreihung von verschiedenen Komponenten zu einem elektroakustischen Übertragungssystem. Das entscheidende Kriterium dieses Systems ist die möglichst naturgetreue Wiedergabe. In erster Linie entscheidet jeder für sich, wann seine Anlage »möglichst naturgetreu« ist, aber es sollte auch von anderen Hörern als solches erkannt und bestätigt werden. Zu dieser gesamten Kette gehört jedes einzelne Teil vom Tonabnehmer bis zum Lautsprecher - oder digital betrachtet, vom Laser bis zum Schallwandler. Auch die Verbindungskabel und ihre Kontaktstellen zählen zu diesem Übertragungssystem.

Die Austauschbarkeit

Die Austauschbarkeit der einzelnen Komponenten hat den Vorteil der Veränderung, birgt aber auch die Gefahr der negativen Veränderung. Ist eine Anlagekette einmal zusammengestellt und abgestimmt, sollte der Austausch der Komponenten nur einzeln erfolgen. Nur ein Glied der Kette darf gegen ein anderes ausgewechselt werden,  wenn Geräte untereinander verglichen werden. Niemals gleichzeitig die Lautsprecher und das Kabel, den Vorverstärker mit dem Kabel zu den Endstufen oder ähnliches gleichzeitig tauschen. Es ist einer der häufigsten Fehler, aus Aufstellungsgründen oder Anschlußproblemen ein Kabel mit einer Komponente zusammen auszutauschen. Dabei gilt der Grundsatz: je besser der Lautsprecher, Verstärker oder CD-Player, je besser die Kette, je deutlicher sind auch die Kabelunterschiede zu hören! Auch entgegen anderslautender Behauptungen. Man muß sich unbedingt darüber im klaren sein, was beurteilt werden soll und dementsprechend durch Austausch der Komponenten vergleichen. Dabei aber pedantisch genau sein, nur so können Unterschiede im Höreindruck auch einen Aussagewert haben.

Die Räume

Die Austauschbarkeit der Räume soll heißen, daß die gleiche Kette in verschiedenen Räumen gehört werden kann und zu sehr unterschiedlichen Höreindrücken führen kann. In der Verbindung von unterschiedlichen Komponenten in unterschiedlichen Räumen läßt sich erahnen, welche unterschiedlichen Hörergebnisse möglich sind. Berücksichtigt man nun auch noch das unterschiedliche Programmaterial, ähnelt das Vergleichen von Komponenten eher einem »Lotteriespiel« als einer Beurteilung.  
Mit Programmaterial sind Schallplatten, CD's, DAT-Bänder oder Tonbänder gemeint. Aus dem möglichen Programmaterial sollte man sich ein paar wenige Aufnahmen auswählen, die an sehr vielen Ketten und in unterschiedlichen Räumen gehört wurden und deren Neutralität und Natürlichkeit überzeugend ist. Dadurch wird ein musikalischer Eindruck von den Aufnahmen vermittelt, der aus der Erfahrung wiedererkannt wird, sofern es sich um Fremdaufnahmen handelt. Bei Eigenaufnahmen ist es etwas leichter, weil man diese Aufnahmen ja selber gemacht hat. Mein Vorschlag für drei Aufnahmen zum Abhören und Vergleichen wie folgt:

    1. Orchester oder Instrument mit Stimme,

    2. großes Orchester,

    3. kleine Besetzung mit rhythmischen Anteilen.

Nur mit diesen Aufnahmen sollte man an die Beurteilung gehen. Hinzu kommt noch ein Erfahrungsschatz an natürlichen Wiedergabekriterien. Beispielsweise ist das Händeklatschen eine Übung, die in jedem Raum durchgeführt werden kann. Auch ist es wichtig, immer wieder ein Klavier, eine Gitarre, ein Schlagzeug in »Natura« zu hören und sich einzuprägen. Nur so bekommt der Hörer einen Eindruck von natürlichen Klängen und hat Vergleichsmöglichkeiten.

Beim Hören und Vergleichen von Komponenten sollte als erstes auf richtige tonale Wiedergabe geachtet werden. Der typische Klang einer Klarinette oder einer Flöte sollte auf Anhieb und sofort erkannt werden. Bei einer Gitarre sollten nicht nur die Saiten des Instruments, sondern auch der Korpus klingen, die Resonanz, das Nachklingen muß zu hören sein, vorausgesetzt, es handelt sich um eine gute Aufnahme.

Als zweites Bewertungskriterium geht es um die natürliche Räumlichkeit. Ist der Aufnahmeraum und seine Proportionen nicht bekannt, wird eine Aussage über die Richtigkeit schon sehr problematisch. Es gibt allerdings Schallplatten und CD's, auf denen Angaben über Raum und Plazierung der Instrumente gemacht werden. Diese Aufnahmen haben dann beim Hören und Vergleichen auch einen Aussagewert über Räumlichkeiten und Abbildung der Instrumente. Von einem Verstärker oder Lautsprecher eine Aussage über Räumlichkeit und Abbildung der Instrumente zu machen, ohne über die Aufnahmesituation informiert zu sein, erscheint mir sehr leichtfertig und ungenau. Wenn auch die räumliche Tiefe einer High End Kette von vielen Hörern als sehr positiv empfunden wird, so sollte doch davor gewarnt werden, diesen Tatbestand überzubewerten.

Wichtig, vielleicht sogar wichtiger erscheint mir die klare und richtige Abbildung der Instrumente und die Homogenität der Instrumente untereinander sowie deren Größenverhältnisse. Die Wiedergabe sollte ein möglichst getreues Abbild der Aufnahme sein.

Objektives oder emotionales Hören

Beim Vergleichen und Beurteilen von Komponenten einer High End Kette kann es sich immer nur um objektives Musikhören handeln. Auch dieser Aufsatz behandelt das Thema unter objektiven Gesichtspunkten. Es gibt auch Konzertbesucher, die zu den objektiven Musikhörern zählen, indem sie die Partitur des vorgetragenen Konzerts auf dem Schoß liegend verfolgen. Auch ein »High Ender« kann in einem Life-Konzert sitzen und oblektiv Musikhören, indem er auf tonale Einzelheiten, Ortung der Instrumente oder Reflexionen im Konzertsaal achtet. Der emotionale Musikhörer achtet auf all diese Dinge sicher nicht. Er erlebt die Musik, läßt sich von ihr treiben wie von einem Fluß klaren Wassers. Gedanken und Wünsche, Gefühle und Sehnsüchte werden frei, Ideen entstehen, innere Kräfte können sich entfalten. All dies wird einem musikliebenden Menschen nicht unbekannt sein. Auch dem Verfasser sind diese Gefühle durchaus bekannt. Nur sollte man den Grad dieser Emotionen nicht zum Wertmesser einer High End Kette machen! Mit einem billigen und einfachen Radio kann man unter bestimmten Bedingungen und entsprechender Gemütslage durchaus ähnliche Gefühle erleben.

Dies ist kein Plädoyer für objektives Musikhören, sondern ein beachtenswerter Hinweis für den Musikliebhaber, sich über die Art des Musikhörens im klaren zu sein.

Es ist durchaus erholsam und entspannend, ohne Vorbehalte sich von der Musik treiben zu lassen, die »Moldau« in sich zu spüren.

   zum Teil I

Siegbert Tessendorf
TE Audio Systeme, Stuttgart
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Stand 21.11.2005