Der TESSENDORF TE 2 ist bereits längere Zeit auf dem Markt. Seither
genießt er den Ruf, keine Wünsche offen zu lassen - selbst unter
Anlegung strengster Maßstäbe. Dies, und seine Variablität in
Ausstattung (und Preis), waren Grund genug, uns ausführlich mit dem
TE 2 zu befassen.
Wie auch der Klassiker TE 1, der, das sollte durchaus einmal erwähnt
werden, bei mir seit 1988 absolut störungsfrei fast täglich seine
Arbeit versieht, entsteht der TE 2 in Handarbeit, was, neben anderen
Vorteilen, dem Kunden die Möglichkeit bietet, seinen TE 2 ganz nach
persönlichem Gusto fertigen zu lassen. Neben den zahlreichen
Varietäten in der äußeren Gestaltung, kann der Käufer zwischen einer
Line-Stufe (wie sie für diesen Hörbericht zur Verfügung stand), oder
einer Version mit integriertem Phono-Zweig wählen. In letzterem
Falle enthält dieser Schaltungszweig dann die selbe Elektronik, die
sich im TE-Phono (siehe Hörbericht in Heft 9) als so vorzüglich
erwies. Des weiteren kann der Lautstärkesteller entweder als
Stufenschalter ausgeführt, oder mit einem Potentiometer versehen
werden. Im vorliegenden Gerät war das hervorragende high-grade-Leitplastik-Poti
von Panasonic eingebaut. Schließlich besteht noch die Option, statt
des AUX-2-Einganges einen symmetrischen CD-Eingang zu ordern. Mit
diesem war auch das Hörtest-Exemplar versehen. Die Ausgänge für die
zu betreibenden Endstufen (bzw. bei mir die Aktivboxen) sind doppelt
vorhanden: als asymmetrische Cinch- sowie elektronisch-symmetrische
XLR-Buchsen.
Die Stromversorgung des TE 2 ist ausgelagert, ein sog.
"Standard-Netzteil" wird mitgeliefert. Ich möchte aber bereits jetzt
darauf hinweisen, daß bei einer Vorstufe dieser Klasse das
angebotene Filternetzteil Verwendung finden sollte: es wäre einfach
schade und macht auch absolut keinen Sinn, bei einem Vorverstärker
dieser Güteklasse an der Stromversorgung den kalkulierenden Rotstift
anzusetzen.
Das Äußere des TE 2 präsentiert sich in der hausüblichen Schlichtheit.
Das CNC-gefräste Gehäuse mißt (BxHxT)446x50x250 mm, ist damit flach,
schnörkellos und elegant, erteilt dem unerträglichen ,,Eierdesign'
unserer Tage eine klare Absage. Die wenigen Bedienelemente des
puristisch ausgestatten Preamps sind rasch aufgezählt: Links der
Eingangswahlschalter, in der Mitte drei Kippschalter (Muting,
Umschaltung
StereolMono sowie Source/Monitor) und rechts schließlich der
Lautstärkesteller. Nach meinem Dafürhalten erscheint es
bemerkenswert, daß die großen, griffigen Drehknöpfe von
Eingangswähler und Lautstärkesteller aus Vollmaterial (Messing)
gedreht und, je nach äußerer Gestaltung, vergoldet oder
spiegelverchromt sind. Die damit betätigten Schaltelemente laufen
satt und sicher, was auch für die drei kleinen Kippschalter gilt -
hier wird Qualität ,,für die Ewigkeit' geliefert.
Gleiches läßt sich auch von den rückseitigen Anschlüssen sagen:
Massive, vergoldete WBT-Buchsen für die high-end-üblichen
Anwendungen und je zwei bereits konzeptionell extrem zuverlässige
XLR Buchsen für den symmetrischen CD-Eingang und den symmetrischen
Ausgang. Eine stabile Masseklemme komplettiert die praxisgerechten
Anschlußmöglichkeiten.
Wie bei Tessendorf üblich, erfolgt die Energieversorgung aus dem
externen Netzteil über eine siebenpolige, verschraubbare Kleintuchel-Verbindung.
Das Spezialkabel gehört selbstredend zum Lieferumfang.
Nach dem Lösen von vier Inbusschrauben läßt sich die beinahe luftdicht
eingepaßte obere Abdeckplatte entfernen. Der Blick fällt auf
akribische Verarbeitung: sozusagen jedes Löttröpfchen scheint in
seiner Ausführung durchdacht. Hochwertige Bauteile präsentieren sich
präzise montiert auf ausgeklügeltem Platinenlayout; die wenigen
unvermeidlichen Leitungswege, wie z.B. zu den Ausgangsbuchsen,
bestehen aus dickem, teflonisoliertem Silberdraht und sind,
praktische Realisation theoretischer Überlegungen und meßtechnischer
Erkenntnisse, in schwingungsdämpfendes Filzmaterial eingepackt -
Mikrofonie hat hier keine Chancen. Wo sie erforderlich ist, erfolgt
die thermische Koppelung von Bauteilen mit ausgeprägter Konsequenz.
Dies gilt letztendlich auch für die sehr geschickte Abfuhr der beim
class-A geschalteten TE 2 entstehenden Betriebswärme: Das gesamte
Gehäuse dient mit seiner doch recht beträchtlichen Oberfläche als
Kühlkörper - so wird das Gerät auch bei ausgedehnten Leerlaufphasen
nicht auffallend warm. Je länger man das Innenleben dieser Vorstufe
betrachtet, desto deutlicher wird, daß hier ein langjährig
erfahrener Entwickler, seine ureigenen Vorstellungen verwirklicht,
um einem möglichst naturnahen Klangerleben den
Weg zu bereiten. Doch soll an dieser Stelle weder Konstruktions- noch
Schaltungsanalyse betrieben werden, uns interessiert in erster
Linie, wie das Gerät klingt.
Vorab möchte ich gestehen, daß der TE 2 ob seiner Neutralität und
Darstellungspräzision eine "harte Nuß" war, die "Testsitzungen"
gestalteten sich ebenso zeitaufwendig wie detailversessen und
zermürbend, schließlich erwarten Sie als Leser meine fundierte
destillierte Meinung! Wie schrieb ich in DAS OHR, Heft 23, zum TE
1:"...wie bei allen wirklich guten Geräten offenbaren (...) die
ersten Musiktakte keine "neuen Welten", unspektakulär und natürlich
tönt es aus den Lautsprechern..." Nun, hier sattelt der TE
2 noch einiges drauf: Er ist durchgängig aus dem gleichen Holze
geschnitzt wie der Tessendorf-Phono; vorgeschaltetes Equipment wird
gnadenlos seziert. Musik entweder als ganzheitliches Erleben
vermittelt (so ihre tontechnische Qualität danach ist) oder
hinsichtlich aufnahmeseitiger Mängel gewissermaßen zerlegt. Meine
Hörtest-Notizen umfassen gut 15 Seiten mit zahllosen Einschüben,
Korrekturen und Querverweisen: jede neue Platte, jedes neue Tonband
ergänzte veränderte, oder zerstörte u.U. die bis dahin extrahierten
Erkenntnisse. Es dauerte mehrere Tage, bis ich den TE 2 "im Griff
hatte", bis ich mir im klaren war, wie ich vorgehen mußte, um Ihnen
meine Erkenntnisse in gesicherter, nachvollziehbarer Form vermitteln
zu können. Daß ich mich gezwungen sah, sogar ein spezielles
Test-Tonband anzufertigen (siehe unten), sei nur am Rande erwähnt.
Wie üblich, sollte man dem Gerät vor dem Musikhören Zeit zum Aufwärmen
gönnen; im Verlaufe der Hörsitzungen zeigte sich, daß nach knapp
einer Stunde die "audiophile Phase" erreicht wird. Soweit ich weiß,
empfiehlt der Hersteller, den Vorverstärker, außer bei längerer
Abwesenheit (des Besitzers), nicht vom Netz zu trennen, sondern ihn
nur mit dem Mute-Schalter von der Anlage abzukoppeln - dabei bleibt
die Stromversorgung der Elektronik bestehen.
Nähern wir uns nun diesem anspruchsvollen Produkt: beginnend mit
bewährten Modalitäten, die ihre schlußendliche Absicherung durch
neue Vorgehensweisen erfahren werden.
Erste Eindrücke lassen sich bekanntermaßen mit Solo-Instrumenten und
kleinen Besetzungen am sichersten festmachen. Mit etlichen
entsprechenden Schallplatten begann die Urteilsfindung - solo
gespielte Gitarren, Cembali, Flöten und eine Vielle (Drehleier)
dienten mittels ihrer jeweiligen Signifikanz dem ,,Abstecken" des
Terrains. Sie werden verstehen, daß ich an dieser Stelle nicht auf
alle Schallplatten en detail eingehen kann, die nun explizit
erwähnten dürften jedoch ausreichen, Ihnen meine Erkenntnisse in
einwandfreier Weise zu verdeutlichen.
Beginnen wir mit Purcells ,"Suites
for Harpsichord", gespielt von Colin Tilney, DGA 2533415: Sauber,
präzise und in realer Größe stellt der TE 2 das ungewöhnlich
klangschöne Spinett des Baumeisters Cawton Aston (vor 1705) dar;
dank der entsprechend gelungenen Aufnahmetechnik versetzt er den
Hörer in die erste Reihe eines kleinen Barocksaales. Die vom TE 2 zu
Gehör gebrachte Informationsfülle dürfte Maßstäbe setzen: Das
Spinett klingt in der unteren Oktave voll und warm, eher grundtönig,
womit die Anrißgeräusche ebenso reizvoll kontrastieren wie mit den
vergleichsweise hell-silbrigen hohen Lagen. Die häkeligen Geräusche
der alten Springermechanik setzen sich vorbildgetreu vom übrigen
Klanggeschehen ab. Höchst bemerkenswert erscheint mir die
vorzügliche Darstellung der Schwingungsabläufe sowohl der
Anrißimpulse (Saitenklang) als auch die des ,,singenden"
Korpusklanges. (In meinen Arbeitsnotizen steht das emotionale,
ungefilterte Wörtchen ,,toll" -dreimal unterstrichen...) Ich denke,
daß gerade bei derlei scheinbar einfachen, tatsächlich aber
komplizierten (weil äußerst schnellen) und vielgestaltig
ineinandergreifenden, bzw. einander beeinflussenden
Schallereignissen deutlich wird, in welchem Maße eine Vorstufe
binnenstrukturelles Geschehen (sog. ,,innere Dynamik") nachzeichnen
und verstärken kann - auch basierend auf den bis hierher abgehörten
LPs folgere ich, daß diese hier offenkundig keine Grenzen kennt, die
von den Tonträgern tangiert werden könnte.
Kommen wir zu größeren Besetzungen: Tanzmusik des 16. Jahrhunderts,
gespielt vom "Collegium Terpsichore", DGA 2547005 (siehe Rezension
in HEF Nr.14). Diese großartige Aufnahme von Tonmeister Harald
Baudis habe ich zweimal hintereinander gehört, so sehr faszinierte
das vom TE 2 Gebotene. Es beginnt mit dem "greifbaren", "abmeßbaren",
anscheinend "realen" Raum, in den der Hörer dieser Schallplatte
disloziert wird. Über die Basisbreite hinaus, von der vorderen Rampe
bis weit nach hinten in's Dämmerlicht der großen Bühne, reicht die
Abbildung des Tessendorf.
Das geht einher mit seidiger, duftiger, musikalisch-warmer Zeichnung
der diversen Streichinstrumente, wobei die jeweiligen Standorte, wie
auch die der anderen
Musiker, exakt hörbar sind. Wo soll ich anfangen, Details zu
schildern? Bei den durchziselierten Klängen der Zupfinstrumente, den
Geräuschen des Plektrums, dem perkussiven (physisch spürbaren)
Schlagwerk, den silbrigen Glöckchen oder dem etwas heiseren
Tambourin? Metallene Idiophone zeichnet der TE 2 mit kristalliner
Präzision und einer dynamischen Attacke, die den hingebungsvoll
"weggetretenen" Hörer zuweilen erschreckt. Und wieder diese
grenzenlose Durchhörbarkeit: Auch in der Polyphonie bleibt die
vergleichsweise leise Baßbombarde exakt erkennbar - wie leicht geht
sie akustisch unter, wenn schwächere Elektronik sich an ihr
versucht. Hier wird ihr Wirken nicht nur nicht vertuscht, vielmehr
gelingt dem TE 2 das sicher nicht alltägliche Gustostückchen, die
diesem Instrument eigene, typische Autorität der Baßtöne - trotz
deren geringen absoluten Lautheitswertes - buchstäblich in den Raum
zu drücken und damit ein wahrhaft präzises Abbild des Originals
erstehen zu lassen.
Daß Alte Musik mich in des Wortes wahrer Bedeutung fasziniert, ist
den Lesern dieser Zeitschrift mittlerweile hinlänglich bekannt; ich
möchte mir daher iterative Ausführungen heute ersparen. Gesagt sei
nur: Natürlich habe ich mit dem TE 2 intensiv dem Hören dieser Musik
gefrönt und war schlichtweg begeistert. Es erklangen die "Chansons
der Troubadurs", die "Musik der Spielleute", der "Camino de
Santiago", Tanzmusik aus Früh- und Hochbarock (jene grandiosen
Aufnahmen von Tonmeister Klaus Hiemann auf DGA) und viele mehr.
Erstes Fazit: Diese Vorstufe erscheint immer unverzichtbarer, je
länger man ihr zuhört.
Hinreißend (ja, dieses saloppe Wort benutze ich hier bewußt!) bringt
der TE 2 auch die ,,Symphonie pour le clavecin avec orchestre op.
12" von Jean Francois Tapray, veröffentlicht auf Schwann VMS 732, zu
Gehör. Tonmeister Andre' Charlin erzielte mit dieser 1968
entstandenen Aufzeichnung frappierenden Live-Charakter, man wähnt
sich real dabei. Stichworte: "Vollmundiger' Klang, auffallende
Raumtiefe (Axialortung) und vorzüglich durchgezeichnete Streicher.
Ein besonderes "Rosinchen" dürfte das Cembalo sein: Silbrig und
präzise, quirlig und agil erklingt das von Christiane Jaccottet
meisterlich gespielte zweimanualige Instrument; dem TE 2 gelingt es,
im duettierenden ersten und zweiten Manual nicht nur den weichen
Klang des Lautenzuges mit dem des unregistrierten perfekt zu
kontrastieren, vielmehr informiert er quasi nebenbei noch über den
etwas gebremsten Schwingungsaufbau, der die subtile Folge eben des
Einsatzes des Lautenzuges ist. "Kleinigkeiten" wie exakte
Größenabbildung, Raumbezüge und bruchlose Integration kommen so
selbstverständlich über die Monitore, daß ich auf weitere
Beschreibungsversuche ebenso verzichten zu können glaube wie auf die
dezidierte Darstellung der Tatsache, daß (diese Vorstufe darüber
hinaus die winzige Einengung der Basisbreite und den eine Spur zu
schweren Baß deutlich demonstriert.
Eigentlich bedürfen die sattsam bekannten dynamischen Fähigkeiten der
Tessendorf'schen Entwicklungen keiner Hervorhebung mehr, dennoch
reizte mich der Versuch mit Boccherinis "FandangoQuintett" auf
Philips 9500 621: den heftigen dynamischen Step im vierten Satz
erledigt der TE 2 erwartungsgemäß ,,einfach so" nebenher
(unvorbereitete Hörer erschrecken dabei ganz nett), derweil er
zuverlässig über das weiche, etwas kolorierte Gesamtklangbild
informiert. Apropos äußere Dynamik: Immer wenn dynamische Attacken
erklingen, verblüfft die so schlicht aussehende Vorstufe mit ihrer
Fähigkeit, "Druck zu machen", "Energie in den Raum zu schieben",
beispielsweise Paukenschläge nicht nur hör-, sondern sogar spürbar
darzustellen, einer Merite also, die man gemeinhin hochklassigen
Endstufen subsumiert, woraus ich folgere: Die Sprungantwort dieses
Gerätes dürfte Maßstäbe setzen. Und etwas unsachlich ließe sich
formulieren: Der TE 2 macht den nachgeschalteten Komponenten gehörig
die Hölle heiß.
Logischerweise habe ich mittels etlicher Eigenproduktionen
weitergehende Analysen versucht und nur ein stereotypes Ergebnis
verifiziert: Gleichgültig, ob großer Chor mit Orchester, Continuo
und Solisten, Orgel, Jazz oder eben meine neue LP "Musik für Flöte
und Cembalo" erklang - der TE 2 agierte unter allen Umständen
absolut souverän und führte Vorzüge und Nachteile, Gelungenes wie
Danebengegangenes meiner Aufnahmen (ja, ja, der Phasendreher in
dieser verflixten Orgeleinspielung...!) mit jener Zuverlässigkeit
vor, die auf professioneller Seite erwartet, im High End (gebührend)
bewundert wird. Anzufügen wäre noch, daß mich gerade meine neue LP
die ich von der Aufnahmesituation her noch sehr gut im Kopf habe,
von den Qualitäten dieser Vorstufe gänzlich überzeugte.
Nun scheint die Zeit reif, meinem Faible für südamerikanische Musik
ein wenig Raum zu geben, da deren typisches Klangspektrum weitere
Erkenntnisse verspricht.
Gut geeignet für unsere Zwecke ist aus meiner Sicht der Dinge die LP
"Les Flütes Indiennes" (Vol. 3), ARION 30 091, eine Aufnahme des
Tonmeisters Claude Morel. Er beherrscht in beneidenswerter Weise
superbe Tontechnik: unglaublich, was da geleistet wurde! Gewiß;
Studioaufnahmen mit vielem, was dem Highender suspekt erscheint,
bewiesen haben die ungenannt gebliebenen Toningenieure jedoch, was
damit möglich ist, wenn man's richtig macht.
Auch bei diesem Ausflug in etwas
abseitige Klangwelten erwies sich Tessendorfs Meisterstück als
rundum zuverlässiges Arbeitsgerät, machte rasches und sicheres
Durchchecken ebenso leicht wie konzentriertes Zuhören.
Und die digitale Welt? Unumwunden gestehe ich, daß keine rechte Freude
aufkommen wollte. Bei den meisten CDs bleiben durchgängig Dünnheit,
Spitzigkeit und Harschheit die dominanten Eindrücke. Mir will
scheinen, der TE 2 macht das digitale Raster rücksichtslos hörbar,
stellt plakativ kühle bis glasige Mitten in den Raum. Solchermaßen
unterstreicht er meine am Mischpult gemachte Erfahrung, derzufolge
die Mehrzahl der CDs mit Hilfe einer leichten Höhenabsenkung und
kräftiger Mittenanhebung an Goutierbarkeit gewinnt. (Probieren Sie
das bitte nicht mit eventuell vorhandenen Klangreglern - die
Präzision und Differenzierungsfähigkeit dieser Teile reicht, im
Gegensatz zu professionellen Filtersektionen, in der Regel nicht
aus.) Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Natürlich können Sie
mit dem TE2 auch CD hören, und womöglich gibt es auch bessere Player
als den meinen - sicher bin ich, daß Sie jede Änderung des digitalen
Frontends nachvollziehen und die Güte des jeweiligen Players
zweifelsfrei einschätzen können. Nur kann auch der beste CD-Player
der Welt nicht mehr aus dem datenseitig leider begrenzten Medium
herausholen, als drin ist. Es spricht für die Qualität dieser
Vorstufe, wenn sie solche Dinge klarstellt, besonders, weil stets
deutlich wurde, daß sie hörbar mehr bringen wollte, jedoch nicht
genügend "Input" erhielt. Zwecks Verdeutlichung möchte ich drei
Allegorien anbieten: Mit CD wirkte der TE 2 auf mich wie ein
Rennpferd, das am Galopp gehindert wird, wie ein Sprinter, der
vergebens auf den Startschuß wartet, wie eine Primaballerina, der
ein zweitklassiger Choreograph Beschränkungen auferlegt. So glutvoll
und packend der TE 2 mit entsprechenden Tonträgern aufspielt, so
flach und blaß agiert er, wenn Fehlerhaftes, Unfertiges aufliegt -
mit nachgerade sadistischer Präzision nimmt er das auseinander, sagt
deutlich, wo Musik und wo tontechnische Manierismen und/oder
Fehlleistungen gespeichert sind. Eine nicht allzu häufig
anzutreffende Ehrlichkeit, auf die man sich verlassen kann, die
Urteils- und Kritikfähigkeit fördert und unterstützt.
Ungeachtet aller Widernisse habe ich natürlich mein
Standard-Repertoire (Villancicos, die Santur-Aufnahme u.a.)
durchgehört - war musikalisch wie immer toll, nur wollte eben das
Versinken in der Musik nicht so recht gelingen. Es gibt jedoch
auch einige Ausnahmen, CDs' deren Klangbild mehr Wärme ausweist.
Beispielgebend hierfür sind m.E. etwa die älteren Produktionen der
französischen Firma ARTON mit der argentinischen Gruppe ,,Los
Calchakis". die mit viel Technik befrachtete (gleichwohl ansprechend
klingende) "Todaví a Cantamos" mit Mercedes Sosa sowie die
CLAVES-Produktion 50 8601 (Goldberg-Variationen' Jörg-Ewald Dähler).
Diese CDs ließen sich anhören, der Tessendorf TE 2 zeigte aber stets
deutlich, daß das Emotionalisierende guter Analogeinspielungen auch
ihnen fehlte, weshalb ich wieder auf diese altbewährte Technologie
zurückgriff.
Während der gesamten Erprobungszeit von Tessendorfs Line-Stufe habe
ich stets parallel Schallplatte und Tonband gehört -alternierend,
oder heute dies, morgen das. Warum sollte ich verschweigen, daß mich
die Wiedergabe meiner Masterbänder und Kopien über die gute, alte
Telefunken M 15 am meisten faszinierte? Diese Bandmaschine vermag
äußere und innere Dynamikwerte sowie Impulse an die angeschlossene
Vorstufe zu schicken. die kaum glaublich sind. Ein Besucher brachte
es beim Hören eines Masterbandes auf den Punkt: ,,Das haut die
Transistoren aus der Platine!" Daß folglich die M 15 und der TE 2
ein treffliches Gespann darstellen, muß nicht eigens betont werden.
Mein oft genanntes Masterband mit der peruanischen Sängerin Susana
Baca habe ich dreimal hintereinander gehört und war jedesmal "hin
und weg" ob der ungemein realen, greifbaren Live-Atmosphäre. So und
nicht anders soll es klingen! Und die spürbaren Schläge des
Rhythmusinstrumentes, des Cajó n - so ist's richtig! Muß ich
expressis verbis darstellen, daß meine Bandmaschine während der
fünfmonatigen Erprobungszeit des TE 2 allerhand Betriebsstunden
sammelte? Es war einfach zu erlebnisreich. mit dieser Kombination
Musik zu hören, Musik jedweder Stilrichtung.
Im Verlaufe meiner "Tonband-Orgien" kam mir der Gedanke, ob es denn
nicht möglich sei, an dieser Vorstufe eine Unstimmigkeit zu finden.
Nachdem die verpuselte Suche nach Störanteilen wie Rauschen und
Brummen ergebnislos verlief (auch bei weit aufgedrehtem
Lautstärkeregler ist nicht feststellbar, ob der TE 2 eingeschaltet
ist oder nicht) und sämtliche Bedienelemente völlig knackfrei
arbeiten, überlegte ich, ob und wie ich das Gerät womöglich
überlisten könnte. So entstand das eingangs angesprochene "Testband"...
Ich überspielte eine gut aufgenommene Schallpatte mit "fetziger" E-
Musik (Antonin Dvorak: Slawische Tänze) unter haarsträubender
Filterung (via Mischpult) auf die M 15. Damit Sie sich so richtig
grausen können. hier einige Daten: Höhen ab 12 kHz -5 dB/Okt.;
Mitten bei 1 kHz +6.5 dB/shelv; Bässe bei 70 Hz +3 dB/Okt.. Dann
wurde ausgesteuert, was das Zeug hielt. Ein Limiter setzte bei +6 dB
ein und verhinderte hörbare Klirrwerte. Hört sich schrecklich an,
nicht wahr? Tatsache aber ist: Die Mittenanhebung mit unten
anschließendem "Baß-Boost" erzeugt im Zusammen-wirken mit der
moderaten Höhensenke ein volles, anspringenddynamisches, "saftiges"
Klangbild. daß nicht nur mich fatal an diverse hochgelobte und
belorbeerte Kulteinspielungen der 60er Jahre erinnert... (Vielleicht
würde ein nüchterner Blick auf die Frequenzgangkurven gewisser
Mikrofone...?) Da ich ein potentiell hinterhältiger Mensch bin, habe
ich bis dato schon mehrere Highender mit diesem Band so richtig
schön auf's Eis geführt - sie glaubten, einem wertvollen Master zu
lauschen...
Abseits des unfeinen Scherzes erweist sich dieses Band als
überraschend aussagefähig. wenn es gilt, tonale Meriten der
reproduzierenden Kette zu prüfen. Der ungemein neutrale TE 2 stellt
das äußerst dynamische Klangspektrum mit dem schon erwähnten "perkussiven
Druck" in den Raum. Volltönige, runde Wiedergabe nimmt den Hörer
gefangen; meine tonalen Manipulationen, die auf vermehrte Weichheit
bei gleichzeitig gesteigerter Attacke und mehr "Wucht und Atem" im
Baßbereich abzielten, werden so vorgeführt, wie ich das beim
Abmischen im Sinn hatte. Nach einiger Zeit aber erscheinen im
Hinterkopf Fragezeichen: ".. oben herum ein bißchen zu weich...; und
die Mitten fallen auch irgendwie aus dem Rahmen...; der Baß hat
etwas arg viel Power" - kurzum, je länger man konzentriert und
analysierend zuhört, desto deutlicher sagt diese Line-Stufe, daß da
"irgendwo dran gedreht wurde". Und das tut sie auf eine Art, die
neuerlich Vokabel-, bzw. Beschreibungsprobleme aufwirft: sicher
gestatten Sie mir im gegebenen Umfeld die kühne Wortkonstruktion
"akustisches Display". Beim Abhören der frequenzgangveränderten
Aufnahme fallen die Anhebungen und Absenkungen mit gewissermaßen
oszilloskopischer Deutlichkeit auf, dem Ohr wird ein absolut
deutlicher Eindruck vermittelt, der sich im Gehirn zur quasi
sichtbaren Kurve verdichtet. (Ich weiß, das klingt etwas überspannt,
aber wir sollten nicht vergessen, daß sich akustische Eindrücke im
Deutschen mit nur begrenzter Begriffsmenge darstellen lassen,
Begriffe, die darüber hinaus im High End und im Studiobereich
jeweils mit anderen Inhalten besetzt sind!) Nein, "überlisten" ließ
sich der TE 2 nicht. Er ist, wie weiter oben bereits gesagt, ein
zuverlässiges Arbeitsgerät, nennt Roß und Reiter und kommt,
vergleichbar der Phono-Stufe aus gleichem Hause, dem Ideal des "straight
wire with gain" denkbar nahe.
Letzten Endes beweist und augmentiert das neue Test-Tonband. daß die
vorrangig eruierten Erkenntnisse hinsichtlich der neutralen,
mikroskopisch genauen Wiedergabepräzision des TE 2 nicht auf
zufallsgeneratorischen Ergebnissen, fehlerhaften Inbezugsetzungen
oder vielleicht sogar irgendwelchen Erwartungshaltungen beruhen,
sondern in der Tat richtig sind (auch oder gerade als ,,alter Fuchs"
sollte man seine Arbeit ständig kontrollieren, um aus Routine
entstandene Nachlässigkeit zu vermeiden!).
Nach dieser ungewöhnlichen. doch - wie erwähnt - aussagefähigen
Exkursion in das Gebiet der tontechnischen Manipulation habe ich mir
und dem TE 2 abschließend noch einige Tage des zwanglosen
Musikhörens gegönnt: vom Soloinstrument bis hin zu Rabih Abu Khalils
auf Enja editiertem "Blue Camel" - nur hören, jeglichen
Kritikerdeutsch-Denkens abhold, gute Musik vom Band oder von der
Schallplatte. Diese Zeit war rückblickend die schönste. diente diese
höchst bemerkenswerte Vorstufe nach dem schwierigen Hörtest doch
wieder ihrer eigentlichen Bestimmung: dem Musikgenuß. Den hat mir
der TE 2 in reichstem Maße geschenkt, und statt des obligatorischen
Schlußwortes möchte ich diesen Hörerlebnis-Bericht mit den Worten
beenden: Danke, Herr Tessendorf ! |