Es
mutet schon fast an wie
eine Ironie der Technikgeschichte: Heutzutage, da die grossen
Konzerne die Produktion der Langspielplatte aufgegeben haben und,
wie sarkastische Zungen formulieren, Musik nur noch in Form von
Strichen und Punkten konserviert wird, hat die tonale Qualität des
Phono-Wiedergabeequipments engagierter Entwickler endlich einen
Stand erreicht, der uns exemplarisch offenlegt, demonstriert, welche
klanglichen Schätze in ungewöhnlich guten Schallplatten verborgen
sind.
Ist
von engagierten und höchst befähigten Entwicklern die Rede, fällt
zwangsläfig auch der Name Siegbert Tessendorf. Dieser in Stuttgart
ansässige Entwickler und Herseller (in Personalunion) hat schon so
manches Gerät präsentiert, das guten Gewissens mit dem Attribut
"massstabsetzend" versehen werden darf.
Als in der
HEF-Redaktion vor einigen Monaten zwei Exemplare seiner neuen
Phono-Vorstufe eintrafen, erreichte unser Erwartungspegel
natürlich entsprechendes Niveau. Das Vergnügen, diesen Geräten auf
den "Zahn fühlen" zu dürfen, wurde mir beschieden (Heft:
Gluckspilz... ,,) - daher: in
medias
res!
Teflon oder Epoxidplatine?
Die Firma TE AUDIO SYSTEME U. TESSENDORF bietet den "Phono" in
zwei Versionen an: Mit Epoxidplatine oder wahlweise (dann wird's
natürlich teurer) mit Teflonplatine. Umfangreiche Untersuchungen,
nicht zuletzt solche von Herrn Tessendorf selbst, zum Thema
"Einflüsse von Vibrationen auf die Elektronik und damit die
Klangqualität", (siehe auch HIGH-END-Katalog 93) haben Teflon
aufgrund seiner hohen inneren Dämpfung als vorzügliches, wenn auch
nicht ganz mühe- und problemlos verarbeitbares
Leiterplattenmaterial ausgewiesen. Dazu addiert sich ein besonders
grosser Isolationswert, der Fehlerströme schon im Ansatz
verhindert. Es steht ausser Frage, dass diese Eigenschaften gerade
im extrem sensiblen Phono-MC-Zweig wünschenswert sind. Zur
gezielten Klärung, inwieweit sich derlei klanghypothetische
Überlegungen in die Praxis transformieren, ob sich in der Tat die
klanglichen Ergebnisse mit einer Teflonplatine steigern lassen,
erhielten wir von Herrn Tessendorf zwei absolut identisch
aufgebaute Phonos - einer mit Epoxid-Platine, der andere eben mit
einer solchen aus Teflon. Damit alle denkbaren Fragezeichen aussen
vor blieben, wurden beide Geräte von Herrn Tessendorf am gleichen
Tage bestückt (zur Vermeidung möglicher tageskonditioneller
Diversitäten - und sei es nur das etwas andere Löttröpfchen; bei
TE wird, daran sei hier kurz erinnert, noch von Hand gefertigt),
wobei zudem alle Bauteile aus der gleichen Charge stammten.
Desweiteren erhielten beide Phonos die exakt gleiche
Einbrennzeit.
Testaufbau
Zusammen mit den beiden Phonos
erhielt ich ein separates Filternetzteil mit zwei Ausgängen.
Dieses Gerät ist in doppelter Dual-Mono-Technik aufgebaut, das
bedeutet, man kann einen Vorverstärker aus dem Hause Tessendorf
(TE 1, bzw. TE 2) sowie den Phono damit versorgen, wobei die
konstruktiv bedingte, völlige elektrische Trennung der beiden
Ausgänge gegenseitige Beeinflussungen von MC- und Line-Stufe
ausschliesst. Wir haben es folglich mit zwei Filternetzteilen
in einem Gehäuse zu tun.
Da ich für meinen TE 1 bereits
über ein eigenes Filternetzteil verfüge, nutzte ich das
zusätzliche Gerät zur Versorgung der beiden Phonos. Selbige waren
innerhalb des (glücklicherweise umfänglichen) Gehäuse meines
EMT-Plattenspielers positioniert, wodurch die Kabelstrecke vom
Tonarmausgang bis zum Eingang des jeweils gehörten Phono lediglich
40 cm kurz war. Das Filternetzteil stand unterhalb des
Plattenspielers, womit Streufelder und daraus resultierende
Störungen ausgegrenzt waren - eine reine Vorsichtsmassnahme, die
wegen der Störresistenz der TE-Geräte eigentlich nicht
erforderlich gewesen wäre: Beide verrichteten während der
Testdauer ihre Arbeit schliesslich in unmittelbarer Nähe des
starken Drehstrommotors mit Phasenschieber, welcher beim EMT 930
den Plattenteller antreibt. Hier darf ich vorab schon anmerken,
dass der TE-Phono unkritisch hinsichtlich seiner Aufstellung in
Streufeldern ist; die sattsam bekannte Empfindlichkeit gegenüber
Brummeinstreuungen einiger Produkte früherer Jahre ist bei TE kein
Thema.
Testmodalitäten
Meine Aufgabe
bestand nun darin, die klanglichen Fähigkeiten des Phono
auszuloten, und, wenn möglich, Unterschiede zwischen den
verschiedenen Platinenmaterialien herauszuhören. Es war mir von
vorneherein klar, dass dies einmal mehr detailversessenes
Sondieren im klanglichen Mikrokosmos bedeuten würde. Ergo musste
ich für beide Geräte identische Bedingungen schaffen: Es verbot
sich a priori, erst das eine anzuschliessen und zu hören, und
hernach auf das andere umzusteckern - auf diese Weise hätte
eventuell die entstandene ungleiche Betriebszeit (Einbrenn- bzw.
Einspielzustand) sicheres Urteilen erschwert, wenn nicht gar
verhindert. Daher schloss ich beide Phonos gleichzeitig an das
Filternetzteil an, mithin waren beide stets gemeinsam in Betrieb.
Solchermassen konnte ich mich in Ruhe einhören, da eben beide
Geräte die selbe Anzahl Betriebsstunden sammelten. Ohne einem
Präjudiz gedanklichen Raum zu geben, erschien mir, angesichts der
voraussichtlich erwartbaren geringen Unterschiede, der Testmodus
"Negativauffäiligkeit" am praktikabelsten. Dies bedeutet: Da die
Teflonplatine faktisch die besseren Isolations- und Dämpfungswerte
bietet, dürfte ein damit bestücktes Gerät zumindest theoretisch im
Vorteil sein. Es ist zwecks Eruierung winziger Unterschiede
erfahrungsgemäss sicherer, vom "besseren" auf das "schlechtere"
Gerät zu wechseln als umgekehrt. Eine geringfügige Verbesserung
lässt sich nämlich erheblich schwieriger aus- und festmachen, als
eine ebenso geringfügige Verschlechterung.
Vor
Aufnahme des eigentlichen Hörtests habe ich die klanglichen
Auswirkungen unterschiedlicher Abschlusswiderstände geprüft. Der von
mir betriebene Tonabnehmer, ein Barco-EMT TSD 15 SFL, benötigt laut
Herstellerangabe 150 bis 200 Ohm. in meiner Gerätekonfiguration
haben sich 150 Ohm immer wieder als optimal erwiesen. Der
Tessendorf-Phono macht da keine Ausnahme: 150 Ohm braucht das EMT
(Heft : "Entschuldige bitte, lna Deter...").
In diesem
Zusammenhang möchte ich die in letzter Zeit in den
Gesprächsthemen highendiger Zirkel zurückgegangene Diskussion um
den optimalen Abschlusswiderstand in Erinnerung bringen - wir alle
wissen doch, wie sehr die tonale Qualität eines Abtasters damit
steigen oder fallen kann. Beherrschte Technik? Gut, akzeptiert,
aber darüber nachdenken und reden sollten wir ab und an doch
wieder, gerade bei einem EMT, das ja so gerne verschlimmbessert
wird - man nennt das auch ,,modifizieren"...
äussere und innere
Werte
Der TE-Phono ist
ein schlichtes Kästchen mit den Abmessungen 119 x 50 x 211 mm3 (B
x H x T); es entbehrt glücklicherweise des heutigentags vielfach
zu beklagenden stilistischen Firlefanzes der Nierentisch-ära.
(Heft: "Wann kommt die zur modischen Formgebung passende ovale
LP?") Erfreulich klare und sachliche Linienführung also. Das
stabile Gehäuse besteht aus Ober- und Unterteil sowie je einer
Front- und Rückseitenplatte. Die Vorderseite zeigt Firmenlogo und
Typenbezeichnung, komplettiert von einer grünen LED als
Einschaltkontrolle. Auf der Rückseite finden wir vier hochwertige
WBT-Cinchbuchsen für Ein- und Ausgang; auch der verschraubbare
Kleintuchel der Spannungsversorgung hat hier seinen Platz
gefunden. Um allen Eventualitäten gerecht zu werden,
befindet sich dort zudem eine kleine, aber präzise
Masseklemme. Zur Anpassung des Phono an das vom Betreiber
verwendete Tonabnehmersystem gibt es in seinem Inneren ein
"Mäuseklavier" (DIP-Schalter), das mit diversen
Schaltkombinationen Abschlusswiderstände zwischen 27 und 150 Ohm
ermöglicht. Wer ganz spezielle Werte benötigt, kann über die
Schaltstellung "S1" ein freies Sockelelement anwählen, in welchem
sich ein kundenspezifischer Widerstand einpassen lässt. Zum Zwecke
dieser Einstellung muss das Gehäuse geöffnet werden - dies ist
nach Herausnahme der jeweils oberen beiden (vergoldeten)
lnbusschrauben sowie Lösen der je beiden unteren an Front- und
Rückplatte leicht möglich: das Gehäuseoberteil ist dann mühelos
abnehmbar.
Der
Schaltungsaufbau besticht durch sein sauberes und wohlüberlegtes
Design
ebenso wie durch einige ungewöhnliche Details: So sind z.B. die
Differenzverstärker zwecks optimaler Wärmekopplung (Vermeidung
temperaturbedingter Drift) in Kupferfolle "eingepackt", die
massiven Silberleiter, die das Signal von und zu den Buchsen
führen, mit filzartigem Material umwickelt. Und die
"Vishay"-Metallfolienwiderstände machen das Ganze denn auch nicht
gerade schlechter...
Der Class-A
geschaltete Phono wird beachtlich warm - zur Aufnahme und
Ableitung dieser Wärme sind die Gehäuseschalen inwendig verrippt.
Welche
Schallplatten ?
Kurze Antwort:
Viele. Sie alle hier aufzulisten, würde die textliche
Aufnahmefähigkeit von HEF sprengen; ich werde jedoch die
wichtigsten zu Beginn jedes Teilabschnittes jeweils kurz nennen
(wiederum zwecks Platzersparnis nur mit Titel, Hersteller und
Nummer). Um nicht auf jene 'Gleichung mit 99 X-Grössen' (wie ich
das stets nenne) hereinzufallen, nicht aus Unwägbarkeiten mir
fremder Aufnahmen, deren technische Modalitäten logischerweise
unbekannt sind, beurteilungsmässige Fehlschlüsse zu generieren,
habe ich selbstverständlich immer parallel selbst aufgenommene
Platten gehört - ein Relativieren aller Aussagen wird dergestalt
ebenso leicht wie vergleichsweise sicher.
1)
Phono mit Teflonplatine
a)
Soloinstrumente
(Schallplatten; ,,Les Indes Galantes", HMF 1028, ,,Die
Flamenco-Gitarre", pläne G 88126)
Bekanntermassen
ist es beim ersten Hören (und Beurteilen) sinnvoll, mit
Soloinstrumenten und kleineren Besetzungen zu beginnen. Demzufolge
legte ich zuerst die LP "Les Indes Galantes"- (harmonia mundi,
Tonmeister J.F. Pontefract) auf. Das Cembalo erfährt eine
vorbildliche, feinstziselierte Detailzeichnung; die Tonbildung
erscheint näherungsweise perfekt, angesichts der völlig präzisen
Darstellung und harmonischen Integration von Saiten- und
Korpusklang. Die berühmt-berüchtigten Dockenanrissgeräusche, der
Schwingungsaufbau, -ablauf und -ausklang lassen keine Wünsche
offen. Das Instrument erklingt voll, dabei so typisch silbrig.
Frappierender
Raumbezug: Unter Ausschaltung der Lautsprecher als ortbare
Schallquellen glaubt man einer Live-Darbietung beizuwohnen.
Aussagefähig
auch die ältere - "pläne-Produktion": Eher trocken aufgenommen,
bietet sie tonale Details in reicher Fülle. Der ,Holzton' und die
Griffbrettgeräusche der teilweise sehr energisch gespielten
Flamenco-Gitarre wirken anspringend echt. Beide Aufnahmen, denen
diametral entgegengesetzte 'Philosophie' eignet (die
Cembalo-Platte hebt den Hörer sozusagen in den Aufnahmeraum
hinüber, die Gitarre dagegen scheint unter Ausklammerung des
Aufnahmeraumes in den eigenen vier Wänden gespielt zu werden),
zeigen sehr deutlich auf, dass, dies sei als erstes
Zwischenergebnis festgehalten, der TE-Phono eine näherungsweise
perfekte ,Durchlässigkeit' aufweist, er der jeweils gefahrenen
Aufnahme keinen Eigenklang aufoktroyiert. Mithin bestimmen, wie es
sein sollte, nur die entsprechenden Parameter (oder sollte ich
'Meriten' sagen?) von Tonquelle und Frontend das
musikalisch-highendige Erleben.
b )
Kleinere Besetzungen
(Schallplatten: ,,Werke für Flöte und Cembalo", CLAVES DP 185;
,,Violinsonaten" ( Bach),
Philips 6 769 017; ,,Die sechs Brandenburgischen Konzerte" (Bach),
Supraphon 80 386; dito
Telefunken 26017-4; ,,Pianoquintet "The Trout" (Schubert), DECCA
SXL-2110; Alte und
Barockmusik auf DGA-Resonance 2547 005 (1960> und 2547014 <1962);
,,Streichquartette
op. 64"
(Haydn), VEB Eterna 8 27 465)
Auch ein
kleineres Barock-Orchester dokumentiert die Fähigkeiten des Phono:
Ungemein natürlich und weiträumig ersteht im Hörraum das
,,Flötenkonzert in Sanssouci" (Archiv-Resonance 2547 014). Wie
genau das Gerät aufnahmetechnische Einzelheiten in auditives
Erleben transduziert, geht aus meinen Arbeitsnotizen hervor
(Zitat) : ,,Seite 2/take 1: Die rechts stehende Violine erklingt
deutlich hörbar näher als die Qürflöte links. Das Continuo der
Viola da Gamba im Raumhintergrund trägt tonal ebenso dezent wie
deutlich -eine werkgerechte Aufnahme Im zweiten take wurde
offenbar ein wenig umpositioniert: Die Viola da Gamba erscheint
etwas durchhörbarer. Die Flöte hat deutlich mehr Platz (von L nach
R) als die anderen Instrumente - offenbar wollte der Tonmeister
anno 1962 Übersteuerungen als Folge des pegelmässigen
,Vollstopfens' des Bandes (die damaligen Bandchargen reagierten
auf Übersteuerungen recht giftig !) durch die Flöte ausschliessen.
Dies macht der TE-Phono mühelos nachvollziehbar - vorzüglich !"
Eher noch
bemerkenswerter dünkt mich die Wiedergabe der DGA 2547005 mit
Tanzmusik aus Renaissance und Frühbarock. Weiträumiges.
natürliches Klangbild mit jenem so schwer beschreibbaren
"Dabeisein-Effekt". Details werden in solcher FüIIe reproduziert
(Luft, Anstrichgeräusche, Schlagwerk. Göckchen, Tambourin etc.),
dass ausführliches Beschreiben den Rahmen eines Hörberichtes
sprengen würde.
Zurückgehend auf
kleinere Besetzungen als die soeben beschriebenen,
nämlich
auf die "Brandenburgischen Konzerte" und hernach die beiden Duette
(CLAVES, Flöte und Cembalo sowie Philips Violine und Cembalo),
brilliert der Phono abermals mit frappierender Detailtreue und
tonaler Richtigkeit einerseits, zum anderen springt seine
Fähigkeit, die jeweiligen aufnahmeinhärenten Spezifika so
sezierend deutlich herauszuarbeiten, in's erfreute Ohr, dass man
Platte nach Platte auflegt, sich nicht satthören kann - und man
sich als abgebrühter Oldtimer der Szene die Frage stellt, wie um
alles in der Welt man denn zuvor bloss zufrieden Musik hören
konnte. (Nein, natürlich habe ich nicht alle Phono-MC-Stufen der
Welt gehört, es war aber schon eine erkleckliche Anzahl, und es
waren vorzügliche darunter...!) Hinzu kommt, dass ich, vorbelastet
durch eigene Schallplattenaufnahmen, sehr stark auf die Fähigkeit
zur Reproduktion eben aufnahmetechnischer Details achte - und so
präzise und, ja, ich benutze ruhig dies gefährliche Wort,
"plakativ" deutlich hat mir bislang noch keine Phonostufe derlei
zu Gehör bringen können.
Die
beschriebenen Eindrücke erfahren ihre Abrundung und Absicherung
durch die bravouröse Schubert-Aufnahme auf DECCA SXL-211O.
Einfach
unglaublich, was man dort Ende der fünfziger Jahre, als gemeinhin
in den häuslichen Wiedergabeanlagen (Musiktruhen!) der
Perpetuum-Ebner mit elegant geschwungenem Kunststofftonarm
(Einschalten des Laufwerkes durch kräftigen Ruck nach rechts am
Tonarm...) und echtem Saphir (Heft: ,,Auflagekraft lockere 6
Grämmlein...") werkelte, tontechnisch auf die Beine stellte!
Faszinierend wie sich der Tonmeister (die Betonung liegt auf
"Meister"!) durch die Fährnisse der so unendlich schwierigen
Aufzeichnung eines Klavieres lavierte, und schlussendlich eine
Aufnahme ablieferte, die, das stelle ich mal ganz häretisch in den
Raum, heute wohl niemand mehr so würde hinbekommen können. Das
meint besonders die Geschlossenheit von Musik, Raum und Technik.
Da passt einfach alles perfekt zusammen, man hört die Musik,
vergisst das technische Vehikel. (Heft: ,,Schreibst Du jetzt ,ne
Rezension?" WD :,, Nein, warte doch ab!")
Emotional packt
die alte DECCA heftig zu: Schubert, begnadeter Komponist,
zeitlebens arm gewesen, an furchtbarer Krankheit (und vermutlich
noch furchtbareren Heilungsversuchen) gestorben... Die Platte ist
zu Ende, man hebt den Tonarm ab... das ging unter die Haut.
Pirouette zurück zur Wiedergabeanlage: Da steht ein harmlos
wirkendes Kästchen namens TE-Phono, hat das filigrane elektrische
Signal entzerrt, vielfach verstärkt und in Musik verwandelt, die
Leistung des Komponisten, der Interpreten und des Tonmeisters
dargeboten, als wäre es live, jetzt, heute und hier. Muss ich dem
noch highendige, verschlissene Phraseologie anfügen?
c) Stimmen und Chöre (Schallplatten : Eigenproduktionen)
cIch gebe es
unumwunden zu: Gesungenes ist nicht mein Fall, von seltenen
Ausnahmen wie z.B. Mercedes Sosa, Susana Baca, Andrea von Ramm und
Ariel Ramirez' ,,Misa Criolla" (nein, nicht die Version mit
Placido Domingo!) einmal abgesehen. Demzufolge habe ich mich
darauf beschränkt, abzuklären, wie der TE-Phono meine eigenen
(Auftrags- )aufnahmen dieses Genres reproduziert. Kurz und
schmerzlos formuliert: Die von mir 1984 analog aufgezeichneten
Brahms-Lieder (grösserer Chor mit Klavierbegleitung), entstanden
in der akustisch bemerkenswert guten Stadthalle von Rheinbach (bei
Bonn), erklingen schlicht und ergreifend live. Chorisches
Miteinander und Einzelstimmenseparation rufen Erinnerungen an die
seinerzeitige Aufnahme-Session wach, sind folgerichtig
vorbildgetreu reproduziert.
Gleiches
gilt für meine 1982er Analogaufnahme der Markus-Passion von
Reinhard Keiser 1674 - 1739). Grosser Chor. grosses Orchester,
Solo-Cembalo und vier Cesangssolisten -das alles, in halliger
Kirche und vor Publikum, stellte ziemliche Anforderungen. Die
Aufnahme ist, trotz allerlei "Macken", immerhin anhörbar und recht
aussagekräftig geworden. Der Phono stellt dieses umfängliche
Ensemble und den Raum ungemein genau (und ungehört dicht am
Masterband!) dar - und er bringt mir, abermals plakativ deutlich,
tontechnische Fehler zu Gehör (hätte ich doch bloss nicht diese
zwei Hauptmikrofon-Gruppen verwendet...!).
Auch in diesem
"Test" offenbart der Phono keine Schwächen - ich sehe schon, es
wird langweilig, nichts findet sich, was zu verreissen wäre...
d)
Grosse Orchester
(Schallplatten: ,,Wassermusik" (Händel), HMV 7010 (harmonia mundi
USA); ,,Der Dreispitz" (deFalla), DECCA SXL 2296*; ,,Suite Espa¤
ola" (Aibeniz), DECCA SXL 6355*; ,,La Fille Mal GardeŠ
,, (HŠ
roid), DECCA SXL 2313; ,,Aus der Neün Weit" (Dvorak),DECCA SXL
2289) *
alte Original-DECCAs
Erläuterungsweise muss ich vorausschicken, dass ich bis zum
Kennenlernen gerade der alten DECCA-Platten (und ihrer teils
vorzüglichen Wiederveröffentlichungen) stets glaubte, mein Hörraum
lasse Grossorchestrales nicht zu. Beim Abhören der überwiegenden
Mehrheit solcher Aufnahmen entstehen mitunter Resonanzen und
Probleme im Bereich um 60 Hz. Die DECCAs haben bewiesen, dass mein
Raum in Ordnung ist, er lediglich penetrant fehlerentlarvend
wirkt: Selbst die ,grössten Brocken', adäquat laut abgehört,
geraten nun livehaft, mühelos und natürlich. Als dies klar war,
habe ich eine DECCA nach der anderen aufgelegt, mir ,heisse
Ohren' gehört. Dies sind die Ergebnisse:
,,La Fille Mal GardeŠ
" versetzt den Hörer in den Grossen Konzertsaal. Diese Platte, vom
TE-Phono in die Anlage eingespeist, ist faszinierend (Sorry, ich
komme momentan partout auf kein stärkeres, zutreffenderes Wort!).
Leicht, locker, luftig, mühelos, filigran, säuselnd bis explosiv,
stellt der Phono diese fürwahr meisterliche Aufnahme in den
Hörraum. Und falls es aus den vorangegangenen Zeilen noch nicht
explizit klar wurde: Dieser MC-Verstärker besitzt anscheinend
unbegrenzte dynamische Fähigkeiten; vom so gerade noch
vernehmlichen Hauch bis zur stupenden Eruption reicht die äussere
Dynamik,' die ungemein diversifizierende Befähigung zur
Reproduktion selbst winzigster binnendynamischer Strukturierung
(auch als ,Innere Dynamik' bezeichnet), zaubert mir stets das Bild
feinstgewirkter Brüsseler Spitzen oder detailversessener
Silberstiftzeichnungen in den Kopf, schafft, als weitere Analogie,
Je nach gerade gehörter Musik und Stimmung, unbewusst entstehende
und panavisionsartig
ablaufende Vergleiche zu grossen Gemälden: Vom Sinistren,
Brüghelschen und kraftvoll Rembrandtschen - bis hin zu Licht,
Farbe, Glanz, zart Skizziertem, über die fast schon surreale
Tiefenwirkung alter chinesischer Malerei (siehe ,,Der
Senfkomgarten") einmündend in kaleidoskopische Vielfalt.
Wie
dem auch sei: Ein Gerät, das solche inneren Schwingungen
auszulösen vermag, dürfte nicht gerade alltäglich sein.
Ist, salopp ausgedrückt, dem "noch eins draufzusetzen"? Ja -
mühelos. Die
Symphonie ,,Aus der Neuen Welt" (Nummer 5 oder 9, da gehen die
Covertexte auseinander) von Antonin Dvorak ist eines meiner
musikalischen Lieblingsthemen.
Lange habe ich nach einer Aufnahme gesucht, bei der Interpretation
und Technik konform gehen - auf der SXL 2289 wurde ich fündig.
Hier reproduziert Tessendorfs Phono Musik, grosse Musik, in jener
Weise, die ob ihrer Eindringlichkeit, Intensität
und Tiefenwirkung eine Gänsehaut erzeugt. Das ist nicht nur die
machtvolle Dynamik, das basiert nicht nur auf der nahezu nicht
enden wollenden Räumlichkeit - das geht tiefer: Man wähnt sich
dabei! Und dann fällt der Blick neuerlich auf dieses ,Kistchen',
das eben Musik wahr werden lässt und solchermassen iterative
High-End-Dialektik unpassend werden lässt, schlussendlich
verbietet.
Noch einmal zu Technischem: Wenn Sie die DECCA-Platten mit de
Fallas ,,Dreispitz" oder der "Suite Española" besitzen, sollten
sie diese vergleichenderweise über den TE-Phono hören - mir
zumindest war eine solche Raumnachzeichnung bis dahin unbekannt:
Oben, unten rechts, links. vorne, hinten - jeweils bis zum
unglaublichen überwinden, Ausklammern der physikalischen Realität
meines Hörraumes: Was steht nur alles in den Lehrbüchern, wer hat
von wem seit dem Mittelalter abgeschrieben, was andere schon
abgeschrieben hatten... und welches heute offenbar
verlorengegangene Wissen besass der grosse Tonmeister Kenneth
Wilkinson... ?
Sie
haben sicher bemerkt, dass ich viel weniger technische und
High-End-Vokabeln, als solche der Musik, der Emotion, der Psyche,
des Vergleichenden benutzt habe. Anders, so schien es, war der
Sache nicht beizukommen. Und es spricht für ein zu untersuchendes
Gerät, wenn die gängige "Testersprache" versagt.
Wer
nun glaubt, der TE-Phono sei ,euphonisch', klinge immer ,gut und
schön', der irrt: Selten habe ich ein Gerät erlebt, das im Falle
unzulänglicher bis schlechter Aufnahmen so "gnadenlos" zuschlägt,
so genau analysiert und
vorführt, was falsch gemacht wurde. Ich besitze eine Platte mit
Weihnachtsliedern aus Südamerika - schön, besinnlich, ungewöhnlich
... aber die Tontechnik ! Metallisch, blechern, drückend,
gepresst, limitiert, näselnd, und, und, und. Der Phono hat mir
diese geliebte Schallplatte zerlegt, mühelos und
selbstverständlich zu Ohren geführt, was da alles falsch,
künstlich und aufgesetzt ist. Diese und ähnliche Beispiele liessen
sich fast unendlich fortsetzen, ich will es bei den gezeigten
belassen, und zu der Frage überleiten:
2)
Was ändert sich mit der Epoxidplatine?
Nicht allzu viel
- aber doch einiges! Es dauert ein Weilchen und erfordert auch
dezidiertes, konzentriertes Hören - dann allerdings
kristallisieren sich gewisse Dinge heraus. Wie eingangs angemerkt,
bewegen sich selbige im Bereich des "klanglichen Mikrokosmos",
sind dessenungeachtet gleichwohl sicher beschreibbar :
Gegenüber der
Teflonplatine wirkt Epoxid eine Winzigkeit weniger substantiell
und weiträumig. Die auf einigen exemplarisch guten Schallplatten
konservierte Ortung der Relation Oben / Unten verliert etwas an
Erkennbarkeit. Eine minimal reduzierte Separation der
Schallquellen geht mit einem Quentchen mehr Härte ( gewendet:
Verlust an Seidigkeit) einher. Die Vorne / Hinten-Absetzung dicht
beeinander positionierter Instrumente verliert in gerade noch
verifizierbarem Masse, liegt aber so eben noch diesseits der
Verwechslungsgrenze. Die chorische Auffächerung grosser
Streicherbesetzungen büsst eine Idee an Luft ein bei ebenso
geringfügig verminderter federnder Agilität und äusserer Dynamik.
Auch ist die
Epoxidversion nicht ganz so gnadenlos beim "Sezieren" der gerade
gefahrenen Aufnahme, weshalb sich zuweilen ein "angenehmeres"
Klangbild einstellen kann, wenn eben Fehler nicht so extrem
ausgeleuchtet werden, wie es der "Teflon-Phono" tut. Mir scheint,
dass die Epoxldplatine (auf Grund geringerer innerer Dämpfung und
der höheren Fehlerströme?) mehr Eigenleben, lies: Eigenklang,
entwickelt; der Bass z.B. jene nun schon mehrfach zitierte
Winzigkeit weniger subsistent, straff, konturiert und kontrolliert
scheint und sie sich solchermassen von jenem Ideal des "Stückes
Draht mit Verstärkung", dem die Teflonversion so gefährlich nahe
kommt, weiter entfernt.
Aber: Nach
einigen Minuten des Hörens verschwinden diese mikroskopischen
Unterschiede, wird auch hier die ,musikalische Verführung' wieder
voll wirksam. Also Geld sparen und die Epoxidplatine ordern?
Vernünftigerweise ja - doch was gilt schon Vernunft, wenn
sinnliche und emotionale Werte im Spiel sind... und sich diese
verdammte Made durch's Gehirn frisst: Es geht halt eben noch einen
Tick besser... ?!
Dem Titel meines
Berichtes werden beide Versionen voll gerecht - nur ist diese
,musikalische Verführung' beim Modell mit Teflonplatine jenes
Quentchen ausgeprägter, welche den Audiophilen alle logischen
Argumente vergessen
lässt......
Schlusswort
Dieser Bericht
war einer der schwierigsten, den ich je zu schreiben hatte. Dafür,
dass er gelingen konnte, sind Worte des Dankes zu sagen an unseren
Leser Herrn von Kölln, der anlässlich eines Besuches bei mir
etliche alte DECCA-Platten mitbrachte und mir gestattete, sie zur
Gewinnung neuer Hörerkenntnisse abzuspielen.
Und zum gehörten
Gerät vielleicht abschliessend noch dieses:
Die klanglichen
Qualitäten und - nicht unbedingt selbstverständlich - der äusserst
geringe Störgeräuschpegel (selbst im bei mir gegebenen kurzen
Hörabstand im direkten Schallfeld lässt sich, auch bei einem
grossorchestralen Werken angemessenen, hohen Lautstärkeniveau, bei
abgehobenem Tonarm nicht feststellen, ob das Teil eingeschaltet
ist oder nicht), beweisen nachdrücklich, dass mit dem Tessendorf
,,Phono" ein MC-Verstärker auf dem Markt ist, der dem ernsthaften
Musikliebhaber nachdrücklichst empfohlen werden muss.
Für mich jedenfalls setzt er einen Massstab.
WD
Untersuchte
Komponente: |
Die Abhöranlage: |
TE-Phono (mit Teflonplatine) 4872,00 EUR (Referenz II)
TE-Phono (mit Epoxyplatine) 2558,00 EUR mit
Standard-Netzteil
(jeweils zuzüglich evtl. Filternetzteil)
Preise aktuell: 01.10. 2004
TE AUDIO SYSTEME U. TESSENDORF
Krehlstrasse 13. 70563 Stuttgart
Tel. u. Fax:
0711 7 35 15 74
|
Plattenspieler: EMT 930 st
Tonarm: EMT 929
Tondose: EMT TSD 15 SFL
Vorverstärker : TESSENDORF TE 1 Mk 2
mit Filternetzteil
Leitungssymmetrierer: ENTEC abo
Lautsprecher: SPENDOR BC 1 A/ARD (aktiv)
Kabel : Barco-EMT 2111 |
Herstellerkommentar von TE AUDIO SYSTEME
Was für ein
grosser Hörbericht in dieser kleinen audiophilen Zeitschrift.
Wohltuend und detailliert setzt er sich von den üblichen
Testberichten ab. Jedes Wort des Hinzufügens und des Ergänzens
wäre zuviel. Hochsprache in seiner besten Form. Sicherlich auch
ein Beitrag zum Thema ,,Musik als Kulturgut". Als Entwickler
dieser Geräte muss ich sagen, dass ich meine beiden Geräte bis ins
Detail wiedererkenne. Tonalität, Raumnachzeichnung, Impulstreue,
Homogenität und Durchsichtigkeit können treffender nicht
beschrieben werden. Natürlich war es mein Entwicklungsziel, eine
aussergewöhnliche Phonostufe zu entwickeln, aber selten liegen
Anspruch und Wirklichkeit so nahe beieinander. WD hat es
erkannt. Danke.
Siegbert Tessendorf
Prospekt mit technischen Daten
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